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Das Behindertentestament

Tritt ein schwerbehinderter Mensch ein Erbe an, muss dieses mitunter für Pflege- und Betreuungskosten aufgebraucht werden, bevor der Sozialstaat wieder einspringt. Das lässt sich jedoch vermeiden - mit einem Behindertentestament.

© pixabay

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Ziel des Behindertentestamentes ist es kurz gesagt, die Zugriffsmöglichkeiten der Sozialhilfeträger auf das Erbe des Kindes zu vermeiden, damit dem Kind, eine – über das sozialhilferechtlich gesicherte reine Existenzminimum hinausgehende – Lebensqualität langfristig gesichert werden kann.

Schenkungen zu Lebzeiten

Durch die Schenkungen an das Kind mit Behinderung könnten Sie unter Umständen den Erbteil beziehungsweise den Pflichtteil Ihres behinderten Kindes zwar verringern, die Schenkungen an sich können jedoch als Einkommen des Kindes ebenfalls von den Sozialkassen abgezweigt werden. Schenkungen an weiter Kinder oder Erben ohne Behinderung sind ebenfalls nicht ratsam, da in diesen Fällen keine unmittelbare Verpflichtung auf die Umverteilung der Schenkungen besteht.

Um klar benennen zu können wie viel Geld oder anderes Vermögen an wen verteilt werden soll, sollte ein Testament erstellt werden. So kann das Kind mit Behinderung einerseits auch nach dem Tod des oder der Erblasser*in gut versorgt werden und außerdem der staatliche Zugriff beschränkt werden. 

© unsplash (unsplash)

Vorteile des Behindertentestaments

Durch das Behindertentestament kann eine über die normale Sozialhilfe hinausgehende Lebensqualität gesichert werden. Denn zusätzlich zu den Leistungen der Sozialhilfe erhalten Erben lebenslang die Erträge aus ihrem Erbe, die sie ausschließlich für ihre persönlichen Bedürfnisse, wie Hobbys und Urlaubsreisen, nicht erstattungsfähige ärztliche Therapien, Hilfsmittel oder Zahnersatz verwenden können.

Die Zugriffsmöglichkeiten des Sozialhilfeträgers auf das geerbte Vermögen und dessen Erträge werden bei einem Behindertentestament weitgehend ausgeschlossen. Mit dem Behindertentestament haben Sie unter anderem die folgenden konkreten Vorteile:

  • Die Zukunft des behinderten Kindes für die Zeit nach dem Versterben der Eltern wird geregelt und abgesichert.
  • Der gewünschte Lebensstandards des Kindes wird sichergestellt; Leistungseinschränkungen durch die voraussichtlich weiter sinkenden Sozialleistungen können ausgeglichen werden.
  • Finanziellen Belastungen des überlebenden Ehegatten werden verringert.
  • Zahlungen aus dem Erb- oder Pflichtteil an das Sozialamt werden vermieden.
  • Der Verlust von erheblichen Teilen des Familienvermögens wird vermieden.
  • Keine Auseinandersetzungen mit dem Sozialamt um den Pflichtteil des Kindes.
  • Vermeidung von Streitigkeiten zwischen den übrigen Erben.

Dauertestamentsvollstreckung

Es kann eine Dauertestamentsvollstreckung bis zum Tod des behinderten Kindes angeordnet werden. Zum oder zur Testamentsvollstrecker*in sollte eine dem Kind besonders verbundene Person bestellt werden, wie Geschwister, Verwandte oder Freunde der Familie.

Testamentsvollstrecker*innen wachen als Verwalter*in des Erbes darüber, dass das Testament entsprechend dem Willen der verstorbenen Eltern ausgeführt wird.

Besonders wichtig ist die genaue Regelung der Aufgaben des oder der Testamentsvollstrecker*in, damit dem Kind auch die Erträge seines Erbes zukommen und nicht dem Sozialhilferegress ausgesetzt sind. Hierzu wird werden Testamentsvollstrecker*innen verpflichtet, die Erträge ausschließlich für (persönliche) Zwecke zukommen zu lassen, die unter die Regelungen zum sozialhilferechtlich geschützten Vermögen fallen.

Betreuervorschlag

Als weitere Regelung können die Eltern im Testament eine Person ihres Vertrauens als Betreuer*in vorschlagen, die sich nach ihrem Tod um den oder die behinderte*n Familienangehörige*n kümmern soll. Diese Person sollte möglichst nicht gleichzeitig die Tätigkeiten und Verpflichtungen des Testamentsvollstrecker ausüben, da nur so eine unabhängige Zuteilung des Vermögens möglich ist.

© Unsplash (Unsplash)

Behindertentestament errichten?

Die Erstellung eines Behindertentestamentes gehört zu den schwierigsten und komplexesten Gestaltungen in der Erbrechtsberatung. Ein „Standard-Behindertentestament gibt es nicht. Erforderlich sind in jedem Einzelfall individuelle, an die konkreten Vermögensverhältnisse, die familiären Umstände und vor allem den Wünschen der Beteiligten angepasste Regelungen.

Für nicht juristisch vorgebildete Eltern ist es nahezu unmöglich, ein wirksames und vom Sozialhilfeträger nicht angreifbares Behindertentestament zu entwerfen. Die insbesondere im Internet kursierenden Vorlagen und Anleitungen sind häufig unvollständig oder fehlerhaft.
Eine Einschränkung besteht jedoch: Wenn die Eltern ein beträchtliches Vermögen hinterlassen und der Pflichtteil des Kindes mit Behinderung so hoch wäre, dass es daraus – oder sogar nur aus den Erträgen – seine Versorgung sicherstellen könnte, könnte ein Behindertentestament sittenwidrig werden. Von diesem Fall abgesehen kann Eltern die Errichtung eines Behindertentestamentes zur Versorgung ihres behinderten Kindes uneingeschränkt empfohlen werden.


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