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Gebärdensprache: Grammatik und erster Kontakt

Eines der verbreitetsten Irrtümer ist, dass die Gebärdensprache international gültig ist. Warum das nicht stimmt und viel mehr erfahren Sie hier.

ein Mann zeigt Daumen hoch | © pixabay

„Alles ok!“ – Ein Zeichen, das die meisten verstehen. (pixabay)

Trotz zahlreicher Aufklärungskampagnen wie zum Beispiel durch den Deutschen Gehörlosenbund (DGB) hat die Gebärdensprache auch heute noch gegen einige Vorurteile kämpfen. Zwei gängige Annahmen, die kaum totzukriegen sind, sind „Gebärdensprache ist keine vollwertige Sprache“, und „Gebärdensprache ist international!“.   

Doch spätestens seit dem amerikanischen Sprachwissenschaftler William C. Stokoe, der 1960 als erster die Amerikanische Gebärdensprache (American Sign Language: ASL) untersucht hat, ist klar, dass es sich bei der Gebärdensprache um eine natürliche Sprache handelt, mit eigener Grammatik, eigenen Sprichwörtern und sogar eigenen Dialekten.

Wie bei den verschiedenen Dialekten in der Deutschen Lautsprache versteht man sich auch in den gebärdensprachlichen Dialekten problemlos. Auch länderübergreifend versteht man einander mehr oder weniger gut.

Vollwertige Sprache mit eigener Grammatik

Es gibt nicht - wie häufig angenommen - für jedes Wort in der Lautsprache eine entsprechende Gebärde. Aufgrund der visuellen Basis folgt die Gebärdensprache einer vollkommen eigenständigen Grammatik, die sich zum großen Teil sehr von der der Lautsprache unterscheidet.

Jugendliche gehörlose Menschen haben genauso einen „Slang“ wie hörende und finden die Gebärdensprache der Erwachsenen natürlich altmodisch. Das Ergebnis von Stokoes Arbeit war das 1965 veröffentlichte „A Dictionary of American Sign Language (ASL) on Linguistic Principles“, das erste linguistische Standardwerk der Gebärdensprache überhaupt.

Inzwischen gibt es zahlreiche weitere Grammatikbücher von verschiedenen Gebärdensprachen, in Deutschland wird sie vor allem am Institut für Deutsche Gebärdensprache und Kommunikation Gehörloser in Hamburg erforscht und gefördert. Die Gebärdensprache ist nämlich nicht international. Jedes Land, sogar jede Region hat ihre eigene.

Die Verbannung der Gebärdensprache

Mitte des 18. Jahrhundert bildeten sich in der Gehörlosenpädagogik zwei sehr unterschiedliche Methoden heraus – die Französische, auf Schrift und Gebärden basierend, und die Deutsche Methode, die ausschließlich die Anwendung der Lautsprache - nur durch mühsames Lippenablesen zu erlernen - zuließ. Letztere Methode, die die vollständige Integration der Gehörlosen in die Welt der Hörenden zum Ziel hatte, hat jedoch den großen Nachteil, dass mehr Wert auf die perfekte Artikulation als auf die inhaltliche Bedeutung des Wortes gelegt wurde.

Diese beiden sehr unterschiedlichen Methoden führten zu einem Methodenstreit, der 1880 in den Mailänder Kongress gipfelte. Auf dem Mailänder Kongress 1880 beschlossen (ausschließlich hörende) Gehörlosenlehrer offiziell, nur noch die orale Unterrichtsform – also die Deutsche Methode – für die Gehörlosenschulen in Europa anzuwenden. Im Anschluss an diesen Kongress wurde die Gebärdensprache in vielen europäischen Ländern verboten. Einzig Amerika weigerte sich, diesen Beschluss zu unterschreiben.

Mehr als 100 Jahre lang wurden gehörlose Menschen in Europa gezwungen, sich den hörenden Menschen anzupassen. Die Gebärdensprache konnte sich meist nur heimlich weiterentwickeln. Dies fand erst im Sommer 2010 einen offiziellen Abschluss. Die internationale Konferenz zur Bildung und Erziehung Gehörloser (ICED) hat am 20. Juli 2010 in Vancouver (Kanada), beschloss, die Beschlüsse des Mailänder Kongresses von 1880 aufzuheben. Man entschuldigte sich offiziell für den Entscheid von 1880.

Bleibt abzuwarten, welchen Einfluss dieser Beschluss langfristig auf die Entwicklung der Gebärdensprache weltweit haben wird. Die Gebärdensprache hat schon Jahrzehnte vor diesem Beschluss immer mehr an Anerkennung gewonnen und in vielen Gehörlosenschulen wird wieder vermehrt gebärdet.

Einfach ausprobieren!

Es ist nicht schwierig, in die Gehörlosenkultur einzutauchen. Alles, was man dafür braucht, ist etwas Mut und Informationen. Viel Interessantes erfährt man auch in dem Online-Portal Taubenschlag.

Am besten man springt einfach mal ins kalte Wasser und besucht eine Veranstaltung, auf der sich gehörlose, schwerhörige und interessierte Gebärdensprachbenutzer*innen treffen und in einer lockeren Umgebung austauschen. Am einfachsten lernt man eine Sprache immer noch, indem man sie anwendet und so Neues dazu lernt.

Wer es „richtig“ machen will, kann einen Gebärdensprachkurs besuchen – in jeder größeren Stadt gibt es VHS-Kurse in Gebärdensprache. Die Kurse werden von gehörlosen Lehrpersonen geführt. Meist helfen nur in der allerersten Lektion Gebärdensprachdolmetscher*innen – den Schüler*innen natürlich.


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