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Die Grundwesenheit eines jeden Menschen

Diplompsychologe Tim Glogner spricht über die vollkommene und unveränderliche Grundwesenheit jedes Menschen. Er gibt Tipps, wie man sowohl aktiv als auch passiv Zugang zu ihr finden und sie nach außen wirken lassen kann.

© Unsplash

(Unsplash)

Man sagt: Menschen verändern sich. Man ist mit 20 Jahren nicht dieselbe Person wie mit 60 Jahren. Jedoch wohnt jedem und jeder ein Grundwesen inne, das im Laufe eines Lebens unverändert bleibt. Ob und wie sich diese Grundwesenheit nach außen wirken lässt, ist jedoch eine andere Frage. Diese Ansicht beruht auf folgendem Menschenbild:

Der Kern oder das wahre, tiefste Wesen jedes Menschen ist ganz und im tiefsten Sinne heil und geborgen. Auch ist es mit dem „großen“, alles durchdringenden Leben verbunden. Jeder Mensch kann folglich als Welle betrachtet werden, als Welle im großen Fluss des Lebensmeeres. Da die Welle, die gleiche Essenz hat wie das Meer – nämlich Wasser – ist sie in gewissem, bescheiden interpretierten Sinne das Meer selbst.

Der individuelle, unzerstörbare Kern

Diese Grundwesenheit ist unzerstörbar. Man kann beispielsweise natürlich, intelligent, liebevoll, ethisch oder weise sein. Das heißt, sie offenbart lediglich gute, sinnvolle Qualitäten. Es ginge demzufolge also im Leben nicht darum, etwas zu erreichen, irgendwo hinzukommen, sich irgendwo als Persönlichkeit zu „positionieren“, sondern wie es beispielsweise der Psychologieprofessor Belschner formuliert: „Um die Freilegung des menschlichen Grundwesens oder Herzens“.

Auch das Wort „entwickeln“ deutet auf einen derartigen Prozess hin, in dem Sinne, dass der Mensch sein potentiell immer vorhandenes Grundwesen in seinem Lebensvollzug allmählich auswickeln kann. Man könnte auch sagen: Man lässt zu, dass diese Grundwesenheit durch uns durchscheinen oder „aus uns ausfließen“ kann.

Die Außenwirkung des Grundwesens

Insbesondere für Menschen, die sich körperlich, sozial oder psychisch behindert erleben, liegt ein großer Trost darin: So sicher wie jeder physische Körper – auch der gesündeste, die „berühmteste Persönlichkeit“ – einmal sterben wird, ebenso sicher ist, dass die menschliche Grundwesenheit nie verloren geht. Sie kann nicht sterben oder beschädigt werden. Denn sie ist feiner, weiter, tiefer und realer als Körper, Gedanken und Emotionen.

Sie ist physisch, raumzeitlich transzendent und kann sich doch durch und in den Menschen ausdrücken, sich durch uns offenbaren. Sie ist das Leben selbst, dass sich, wie der Philosoph und Weisheitslehrer Gibran es formuliert „sich nach sich selbst sehnt“ und sich womöglich in Unendlichkeit in sich selbst vertiefen und erkennen kann. Dieses Leben ist nicht nur von dieser Welt und drückt sich doch in all dieser materiellen Welt aus.

Vertrauen in die Grundwesenheit

Die hier vertretende Ansicht ist: unser „Ich“, unsere „Persönlichkeit“, unsere Gedanken und unsere Emotionen können die Grundwesenheit nicht kontrollieren oder „herbeizwingen“, wir können uns nur öffnen, vertrauen, hingeben, tragen lassen, damit sie uns erfassen, durchströmen und auf bestsinnvollste Weise führen kann.

Das kann zur Folge haben, dass sich unser „Persönlichkeitspanzer“ auflöst und wir uns menschlich verletzlicher fühlen. Alte Schmerzen können hervorkommen und sich auflösen. Auch kann zeitweise eine Leere oder eine depressive Verstimmung entstehen, um später mit Neuem, Kostbarerem gefüllt zu werden.

Aber diese zarte Öffnung in aller Verletzlichkeit ist keine Schwäche, sondern unsere wahre Stärke, unsere wahre Liebesfähigkeit, obwohl man uns das vielleicht anders beigebracht oder anerzogen hat. Dieses Sich Öffnen ist passiv, es erfordert ein Zu- oder Loslassen, keine Anstrengung, kein Handeln, es ist eine seiende Qualität.

Zugang durch Passivität

Diese seiende Qualität bedarf keines gedanklichen Kopfzerbrechens, keines Kampfes, es kann angenommen werden, dass es sich hierbei um etwas sehr „Unschuldiges“, „Hingegebenes“ handelt. So wie ein Kind, das sich einfach vertrauensvoll in die Arme seiner Mutter fallen lässt und dort in der Stille und im Loslassen von gedanklichen Inhalten ausruht. Im gedanklichen Nichtwissen, in gedanklicher Armut kann auf ungeahnte Weise plötzlich Weisheit und intelligentes Wissen gefunden werden.   

Durch Aktivität kann die Grundwesenheit auch zum Vorschein kommen. Zum Beispiel können Sie im Alltag auch handeln, diszipliniert gegen möglicherweise dauerhafte, grundlegende Trägheit vorzugehen. Oder alles zu tun, was zu tun ist, nie aufgeben, ein sinnvolles Leben zu ersehnen und umzusetzen.

Ohne Flucht, ohne Ausweichen. Sie können mutig auch mal etwas wagen oder nach bestem Wissen und Gewissen gemachte Fehler stets vermeiden, aber auch Geduld bewahren und keine Vorwürfe zu machen, wenn andere oder man selbst mal scheinbar einen „Fehler“ gemacht hat, oder wenn etwas nicht – den eigenen Erwartungen entsprechend – funktioniert hat.

Bewusstwerden des eigenen Grundwesens

Wird die Grundwesenheit zunehmend bewusst, können sich allmählich, konstant, ungeahnte, hervorragend-menschliche Fähigkeiten sich durch uns ausdrücken. Immer und bei jedem, auch trotz möglicher körperlicher Behinderung, wie beispielsweise beim Physiker Stephen Hawking zweifelsfrei erkennbar. 


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