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Kommunikation im Internet mit Respekt und Anteilnahme

Psychologe Tim Glogner gibt Tipps, wie Kommunikation in Internetforen gelingen kann.

© Unsplash

(Unsplash)

Bitte stellen Sie sich die ehrliche Frage: Sind Ihre Beiträge im Forum wirklich immer respektvoll?

Würden Sie dieselbe Antwort geben, wenn Sie einfach – wie durch einen Zaubertrick – in derselben Situation Ihres Gesprächspartners stecken würden? War in Ihrer Antwort – zumindest der tiefe ehrliche Versuch – Ihrem Gegenüber auf eine positive Art eine Lösungsmöglichkeit zu vermitteln?

Oder steht eher der Wunsch im Vordergrund, in jedem Fall Recht zu haben? Sind Sie also stark mit Ihrer eigenen Meinung identifiziert?

Umgang mit verschiedenen Meinungen

Was ist eigentlich eine Meinung? Die hier vertretene Ansicht ist: Es ist eine gedankliche Haltung.

Ich denke, jede Meinung beziehungsweise Haltung kann man als – gegebenenfalls sogar inspirierende – Anregung für den Anderen sehen, es geht in einem konstruktiven, zwischenmenschlichen Austausch nicht darum, Recht zu haben, den anderen ins Unrecht zu versetzen und dann als sogenannter „Sieger“ den Platz zu verlassen.

„Gesiegt“ hätte man in gewissem Sinne nur, wenn das Gegenüber sich positiv berührt fühlt und das äußert. Oder aber: Wenn das Gegenüber, oder man selbst sich bedankt, aber höflich zu verstehen gibt, dass man selbst mit dieser Aussage, mit dieser gedanklichen Haltung persönlich nicht so viel anfangen kann.

Negativität und negative Emotionen

Schwingt in einer Antwort oder in dem Beitrag, den ich selbst schreibe oder lese, Aggression, „Druck“, Ironie oder Neid mit?

Manchmal können solche Emotionen auch eine gewisse „Lust“ entstehen lassen: Es könnte eine Art Lust sein, die man empfindet, wie wenn in einem Film sieht, dass irgendjemand sein „Fett wegkriegt“ und dann hat man ein Empfinden wie: „Das geschieht dem jetzt recht!“

Wenn Emotionen wie Wut – oder die versteckteren Formen wie Ironie, Neid oder Tratschsucht – da sind und auftauchen, muss das kein Problem sein. Es kann sogar als positiv betrachtet werden, wenn diese an die Oberfläche kommen. Auch Schmerz oder Trauer, die vielleicht von der Wut verborgen werden, können Sie zart zulassen und liebevoll annehmen; gegebenenfalls heftig weinen, ohne sich aber in Selbstmitleid zu verlieren.

Ein Forum soll wechselseitiges, konstruktives Wachstum in der menschlichen Gemeinschaft initiieren. Klar taucht – möglicherweise sogar viel – „Negativität“ in uns auf, vielleicht gerade in einer anonymeren und dadurch „neutraleren“ Atmosphäre wie in einem Internetforum. Und es wäre, wie gesagt, nicht förderlich auch nicht ehrlich diese Negativität zu verleugnen. Jeder kennt das, das verbindet uns.

Negative Emotionen werden erst dann negativ, wenn ich sage:

  1. Das ist negativ, die Emotionen darf ich nicht haben.
  2. Und dann diese Emotionen mit den entsprechenden Gedanken gegen Andere richte.
  3. Oder – was auch manchmal geschieht: Die Emotionen und Gedanken gegen mich selbst richte, das heißt mich selbst zum Beispiel abwerte und schlecht mache.

Gefühle und Gedanken, die auftauchen, werden dann im Forum benutzt um:

  1. Andere ins Unrecht zu setzen beziehungsweise gegen andere zu „kämpfen“.
  2. Oder sich mit anderen gegen andere zu verbünden, um diese abzuwerten
  3. Auch: man macht sich selbst schlecht, sagt und glaubt zum Beispiel ernsthaft, dass man zu nichts nütze sei

Erkennt man diese Negativität und diese möglichen Reaktionsmuster in sich selbst, ist das schon ein großer Schritt – ein Bewusstwerdungsprozess hat eingesetzt. Es ist also keinesfalls Schwäche.

Aber es ist nicht förderlich für jeden von uns, dieser „Negativität“ und den daran gekoppelten Reaktionsmustern weiterhin zu folgen.

Gesunder Umgang mit Negativität

Ideal wäre es, wenn wir Emotionen, negative Phantasien zulassen, wahrnehmen, fühlen und erst mal – gegebenenfalls auch eine längere Zeit – nichts machen... einfach nur fühlen und ruhig damit sein. Sich durch ein bewusstes Fühlen allmählich davon loslösen.

Also nicht gleich drauflos schreiben, alle Wut der anderen Person überstülpen. Vielleicht eine Pause machen und ein Glas Wasser trinken. Ein Spaziergang an der frischen Luft kann hilfreich sein. Sport kann hilfreich sein.

Und dann aus einer größeren inneren Ruhe einen liebenswürdigeren, schöneren Kommentar abgeben! Und dann geduldig warten, was mit einem selbst und den Anderen geschieht.

Denn es kann nach der hier vertretenen Auffassung davon ausgegangen werden, dass alle positiven Veränderungen Einfluss auf das Ganze haben, also auch auf die vermeintlich Anderen haben. Wir können also jeder für sich und somit auch gemeinsam unsere „Negativität“ erforschen und mit dem Licht unseres Bewusstseins verändern.

Oft entsteht die gerade beschriebene „Negativität“ auch aus einer scheinbaren Hilflosigkeit heraus. Die hier vertretene Ansicht ist: Ein Mensch, der anerkennt verletzlich und hilflos zu sein, ist stark, weil er der Wahrheit ins Gesicht sehen kann. Und dieser Schritt offenbart Kraft und Potential für Neues.


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