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Funktionsstörungen und Erkrankungen des Darms

Immer noch ein Tabuthema: Erkrankungen im Verdauungstrakt. Weil Betroffene oft aus Scham keinen medizinischen Rat einholen, werden sie erst gar nicht behandelt. Dabei gibt es viele Möglichkeiten.

Darmfunktionsstörungen gelten als Zivilisationskrankheit und stehen oft mit  bestimmten neurogen bedingten Behinderungsarten wie beispielsweise einer Querschnittlähmung, einer Spina bifida oder Multiple Sklerose in Verbindung. Dadurch, dass in der Regel die Steuerung des Darms beziehungsweise der Ausscheidungsorgane gestört ist, sind die daraus entstehenden Folgen entweder Stuhlinkontinenz oder Verstopfung - die sogenannte Obstipation.

Beeinflussung aller Lebensbereiche

Ilona , 51 Jahre, hatte einen Arbeitsunfall, die zu einer Schädigung ihrer Wirbelsäule sowie zu einer Steißbeinverletzung führte. Daraus resultierte unter anderem eine Darmlähmung. „Dadurch hatte ich gravierende Einschränkungen in allen Lebensbereichen", sagt die EU-Rentnerin. Sie kann keinen Beruf mehr ausüben und keinen Sport mehr treiben.

„In der Öffentlichkeit ergeben sich oft Schwierigkeiten", so Ilona, „insbesondere für Personen, die mich nicht kennen und mit lauten, rauschenden, gluckernden Darmgeräuschen konfrontiert werden. Deshalb lasse ich mich im Privatleben lieber mit Menschen ein, die mir gut tun." Sie selbst verwendet Hilfsmittel wie Windeln und Vorlagen. „Wichtig sind regelmäßige Untersuchungen und eine besondere Achtsamkeit in der Hygiene und Körperpflege", rät Ilona.

Einsatz von Hilfsmitteln

Zu den Hilfsmittelmöglichkeiten kann ein Sanitätshaus ausführliche Beratung geben - dies kann auch online erfolgen. Einer, der sich in diesem Thema auskennt, ist Dietmar Hegeholz. Der gelernte Krankenpfleger leitet den Bereich medizinische Fachberatung im Schwerpunkt Blasen- und Darmfunktionsstörungen bei Coloplast.

Er hält primär eine gute Hilfsmittelversorgung zur Schaffung sozial akzeptabler Umstände für sehr wichtig, um Isolation zu vermeiden. „Ebenfalls wichtig ist eine umfassende Diagnostik und eine individuell abgestimmte Therapie. Dies ist der einzig vernünftige Weg, um Einschränkungen zu vermeiden", sagt Hegeholz. Neben Hilfsmitteln gibt es auch medizinische oder gar operative Maßnahmen wie beispielsweise eine Kortisonbehandlung oder eine Stomaversorgung - einem künstlichen Darmausgang über die Bauchwand.

im Vordergrund Operationswerkzeug, im Hintergrund eine Operation | © pixabay In manchen Fällen wird eine Operation notwendig. (pixabay)

Dazu sagt Hegeholz: „Ein Betroffener sieht für sich den Weg in einer Stoma-Anlage, der nächste lehnt dies wegen Zerstörung seines Körperbildes komplett ab. Optionen haben wir also viele, aber sie müssen individuell ausgewählt werden." Deswegen ist - darin sind sich hier alle einig - ein möglichst offener Umgang mit diesem Thema sehr wichtig. So kann jede betroffene Person optimal beraten und behandelt werden.

Vielfältige Ausprägungen

"Unbehandelt stellt die Darmfunktionsstörung in allen Lebenssituationen eine starke Einschränkung dar", weiß Hegeholz. Bei Stuhlinkontinenz dominiere das Geruchsproblem und insbesondere bei Kindern das Risiko der sozialen Ausgrenzung. Bei Betroffenen, die an Verstopfung leiden, könne es dagegen vermehrt zu Harnwegsinfektionen kommen, aber auch zu starken Leistungseinschränkungen, da sich diese antriebslos fühlen oder schnell müde werden. Das ist jedoch nur ein kleiner Teil der möglichen Folgen, betont Hegeholz: "Ich könnte noch unendliche Ausprägungen aufzählen."

Dr. Heinz Süsstrunk, EnableMe-Fachexperte, wird dabei konkreter: „Die häufigsten Beschwerden bei Darmfunktionsstörungen sind akute / chronische Schmerzen in der Bauchgegend, übersäuerter Magen, Reflux der Magensäure in die Speiseröhre, erzwungenes Erbrechen, Übelkeit und Völlegefühl." Süsstrunk war selbst von Enddarmkrebs betroffen, welcher mutmaßlich eine Folge seines Diabetes war. „Heute leide ich an einem Wechsel aus Verstopfung und Durchfall", erzählt Süsstrunk. Außerdem musste sein Bein aufgrund der Nebenwirkungen der anschließenden Chemotherapie amputiert werden, da es kaum noch durchblutet wurde.

Frau, die sich den Bauch hält mit schmerzverzerrtem Gesicht | © pixabay Bauchschmerzen können ein auf eine ernsthafte Erkrankung hinweisen. (pixabay)

Chronisch entzündliche Darmerkrankungen

Auch wenn es sich streng genommen nicht um Darmfunktionsstörungen handelt, beeinflussen auch chronisch entzündliche Darmerkrankungen (CED) nicht minder das Leben Betroffener. Die zwei am meisten verbreiteten Formen sind Morbus Crohn und Colitis ulcerosa. Die Deutsche Morbus Crohn / Colitis ulcerosa Vereinigung e.V. spricht von über 400.000 Menschen in Deutschland mit einer CED.

Jürgen Becher ist Arzt und Statistiker und arbeitet für einen großen internationalen Versicherungskonzern als Berater und Gutachter. Als er damals mit 24 Jahren mit dem Rauchen aufhörte, bemerkte er nach zwei Monaten Blut in seinem Stuhl. Nach einer Darmspiegelung stand nun die endgültige Diagnose fest: Colitis ulcerosa in sehr schwerer Ausprägung. Becher konnte das Haus kaum noch verlassen. Später versuchte er es mit einer Kortison- und einer Akupunkturbehandlung - mit mäßigem Erfolg.

Von einer naturheilkundigen Ärztin bekam Becher den Tipp, auf seine Ernährung zu achten und sie eventuell umzustellen - entgegen der schulmedizinischen Ansicht, dass Diäten bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen kaum helfen. Durch einen Zufall fand er heraus, dass es an den Gluten lag, einem Eiweißgemisch in vielen Getreidearten. "Seitdem ich mich glutenfrei ernähre und keinen schwarzen Tee mehr trinke, bin ich beschwerdefrei", sagt Becher.

großer Salatteller mit verschiedenem Gemüse und einem Dressing | © Anna Pelzer/unsplash Gesunde Ernährung kann den Krankheitsverlauf bremsen (Anna Pelzer/unsplash)

Auch wenn es medikamentöse und operative Lösungen gibt, würde Jürgen Becher Betroffenen lieber raten, möglichst viel Verantwortung für den eigenen Körper zu übernehmen. „Darauf achten, welche Nahrungsmittel einem gut tun und welche nicht. Und nicht ungeduldig sein, es dauert einige Wochen, bis der Körper darauf reagiert".

Das Beispiel zeigt: Für Darmfunktionsstörungen und -erkrankungen gibt es keine allgemeingültige Musterlösung.

Prävention durch regelmäßige Untersuchungen

Süsstrunk empfiehlt eine Darmspiegelung alle zwei Jahre vorzunehmen, da ab 35 Jahren das Risiko, an Darmkrebs und auch allgemein an Krebs zu erkranken, zunimmt. "Und gewöhnen Sie sich ein Leben mit weniger Stress an", rät Süsstrunk. "Sobald die Symptome - Darmstörungen, Gewichtsverlust, Veränderung der Hautfarbe - auftauchen, gehen Sie zum Arzt und sagen Sie es ihm. Holen Sie auch eine Zweitmeinung ein, wenn Sie nicht zufrieden sind."

Hegeholz bestätigt die Wichtigkeit, bei Auftreten einer Erkrankung gleich zu reagieren. Nicht selten gehen Betroffene erst zu medizinischem Fachpersonal, wenn der Leidensdruck zu groß ist. "Sprechen Sie darüber!", fordert Hegeholz die Betroffenen deshalb auf.


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