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Leben mit Amputation – Interview mit Manfred M.

Manfred M. hatte vor 17 Jahren einen Autounfall, bei dem sein linker Unterschenkel so stark verletzt wurde, dass nur noch eine Amputation des Körperteils in Frage kam. Er ist begeisterter Sportler, klettert und fährt Mountainbike. Früher fuhr er sogar mit der Prothese Motorradrennen, was er aber dann aufgab, als seine Kinder zur Welt kamen.

Ein visualisiertes Bild von zwei Köpfen | © Hendrike Zahour

Katharina ist nach ihrem Gehörverlust Dozentin für die deutsche Gebärdensprache (Hendrike Zahour)

Ihre Amputation liegt 17 Jahre zurück – wie geht es Ihnen heute damit?

Ich denke, sehr gut. Ich bin 100 Prozent berufstätig und mache zwischen sechs und fünfzehn Stunden Sport pro Woche.

Wir lange hat es gedauert, um zu akzeptieren, dass Sie den Unterschenkel verloren haben?

Das ist schwer zu sagen. Als ich im Spital aufgewacht bin, war erst mal wichtig, die Schmerzen zu bekämpfen. Dann stellte ich mir die Frage, ob ich so leben wollte oder nicht. Ich habe „ja“ dazu gesagt und so akzeptiert. Ich war immer einer, der viel gefordert hat und war nie schnell zufrieden mit etwas. Das Beste war nur gut genug für mich.

Wie reagierten Ihre Angehörigen, als sie von Ihrer Amputation erfuhren?

Für meine Frau war wichtig, dass ich die Amputation annehmen kann, dass das Leben weitergeht. Sie stand zu 200 Prozent zu mir.

Wie sahen Ihre beruflichen Perspektiven nach der Amputation aus?

Zum Glück musste ich keine Umstellung machen. Ich hatte Mechaniker gelernt und war zu diesem Zeitpunkt Abteilungsleiter. Heute übe ich immer noch denselben Job aus wie vorher. Der damalige Chef hielt mir während der Genesung den Arbeitsplatz frei. Ich konnte genauso weiterarbeiten wie vorher. Glücklicherweise hatte ich sehr gute Voraussetzungen und einen wunderbaren Chef. Ich musste mir keine Sorgen machen.

Hatten Sie psychologische Unterstützung?

Nein, ich ging auch nicht in ein Reha-Center. Das habe ich alles selber erarbeitet. Das liegt wohl in meiner Natur. Wenn ich zu etwas ja sage, mache ich das Beste daraus und jammere nicht.

Was hat Ihnen persönlich geholfen, mit der Situation umzugehen?

Meine Frau hat mir geholfen. Sie gab mir das Gefühl, dass es für sie kein Problem sei. Für sie war die Hauptsache, dass ich nach dem Unfall überhaupt noch lebte. Meine gesicherte Arbeitsstelle war auch eine wichtige Stütze. Sehr geholfen haben mir meine Freunde und der Sport. Für mich war es wichtig, dass ich genau da weitermachen kann, wo ich vorher stand. Meine Kollegen unterstützten mich dabei.

Meine Frau gab mir das Gefühl, dass es für sie kein Problem sei
Welche Tipps geben Sie anderen Betroffenen?

Man muss sich überlegen, was man in seinem Leben noch alles erreichen will. Ein Hobby zu pflegen ist sehr wichtig. Bei mir war es der Sport. Es ist auch wichtig zu lernen, gelegentlich auf die Zähne zu beißen und zu versuchen, den Schmerz weg zu stecken.

Hatten Sie Phantomschmerzen oder Stumpfschmerzen?

In den ersten vier Monaten hatte ich sehr starke Phantomschmerzen. Es fühlte sich fast so an wie mit der Schere abgeschnitten. Mir sagte man aber, dass es so normal sei. Entweder habe man am Anfang ganz starke Schmerzen und dann nicht mehr oder man habe dann das Leben lag immer etwas Schmerzen. Aber das kann man nicht beeinflussen. Jetzt habe ich keine Phantomschmerzen mehr. Ein Arzt riet mir zudem für eine gute Durchblutung zu sorgen und mich viel zu bewegen.

Wie reagieren Ihnen nicht so nahestehende Menschen, wenn sie von Ihrer Amputation erfahren?

Ganz selten fragen kleine Kinder „Was hast du gemacht?“ oder „Wie ist das passiert?“ Dann erkläre ich es gerne. Ich finde es schön, wenn sie so direkt auf mich zukommen. Erwachsene Leute schauen kaum. Und falls sie es bemerken, gerade beim Sport, entsteht ein riesiges Staunen. Sie sind überrascht, was ich alles machen kann, auch mit meiner Amputation.

Die Leute sind überrascht, was ich alles machen kann
Was hat sich seit dem Tag verändert, an dem Sie den Unterschenkel verloren haben?

Der wichtigste Punkt ist, dass ich seit dem Unfall bewusster lebe. Es hätte schlimmer kommen können. Man genießt einen Tag ohne Schmerzen viel intensiver. Schönes Wetter zum Beispiel, das sind Dinge, die man genießen muss und dem bin ich mir jetzt auch bewusst. Ein nachteiliger Punkt ist, dass ich viel härter geworden bin. Ich konnte mit meinem Schicksal umgehen und war hart zu mir selber. Seitdem ich wieder arbeite, fehlte ich im Job nie wegen meiner Amputation. Daher war ich der Meinung, andere Leute dürfen wegen kleinen Wehwehchen auch nicht fehlen. Aber nicht alle Menschen haben dasselbe Schmerzempfinden. Für mich ist und bleibt der fehlende Unterschenkel ein Schönheitsfehler. Dazu muss ich stehen. Aber das ist für mich kein großes Problem. Fast jeder Mensch hat einen Schönheitsfehler. Einen darf man haben.

Leben mit Amputation

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