Was sich bei der Behandlung von psychischen Krankheiten in diesem Land..

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..alles noch ändern bzw. verbessern muss !

Also ich fange mal damit an : Psychische Krankheiten sind ein großes Problem in Deutschland, und die Situation der Kranken, so wie sie ist, kann eigentlich nicht so bleiben. Wenn es so bleibt, werden z.B. riesige Kosten für den Sozialstaat verursacht, da viele Kranke nicht (mehr) arbeiten können und oft auf EU-Rente oder Grundsicherung angewiesen sind. Das mal zu Anfang, da dies meiner Meinung nach das beste Argument für Politiker usw. ist. Die hohen Kosten.

Weiterhin die persönliche Situation von vielen Kranken, die einfach eine schlechte Lebensqualität haben, z.B. durch den schlechten Ruf, den psychische Krankheiten immer noch haben, durch die Nebenwirkungen von Medikamenten und daraus folgende schlechte Mitwirkung bei der Behandlung (z.B. dass viele plötzlich ihre Medikamente absetzen) und Rückfälle und Verschlimmerung der Krankheit. Außerdem durch die Ausgrenzung in der Gesellschaft, z.B. durch Verarmung und sozialen Abstieg.

Was sich alles noch tun muss :
1. Bessere Aufklärung.
Man sollte die Gesellschaft, z.B. Angehörige, die Kranken selbst und auch gesunde Menschen, die nicht betroffen sind, besser über diese Krankheiten informieren. Vielleicht auch darüber, dass es keine Schande ist, schon einmal in der Psychiatrie gewesen zu sein. Oder dass psychische Krankheiten eigentlich gut behandelbar sind. Dann würde die Ausgrenzung und der schlechte Ruf von psychischen Krankheiten hoffentlich weniger werden, was die Lebensqualität von den Kranken und ihren Angehörigen sehr verbessern würde, und damit auch die Aussichten auf Heilung steigern könnte.

2. Gewalt in der Psychiatrie verhindern
Es gibt immer noch viel zu viele Zwangseinweisungen und Zwangsmaßnahmen in der Psychiatrie. Um diese Entwicklung zu verändern, ist ebenfalls eine bessere Aufklärung wichtig. Dann würden wohl mehr Menschen sich rechtzeitig behandeln lassen, so dass es gar nicht soweit kommt, dass sie in so eine Situation geraten und eine Krise eher vorbeugen könnten. Dazu gehört auch, dass man sich nicht mehr dafür schämen müsste, bei einem Psychiater in Behandlung zu sein !

3. Die Qualität der Medizin verbessern
Man müsste viel mehr an neuen Behandlungsmethoden forschen. z.B. Medikamente entwickeln, die weniger Nebenwirkungen haben und besser verträglich sind. Dann wären auch mehr Kranke bereit, diese Medikamente lange Zeit zu nehmen. Außerdem wäre es gut, wenn endlich mal Diagnoseverfahren entwickelt werden würden, mit denen man eine psychische Krankheit auch wirklich körperlich feststellen kann. Wenn das möglich wäre, z.B. durch Bluttests oder MRT, wäre die Einsicht der Kranken auch größer, denn es wäre ja wissenschaftlich nachweisbar.
Außerdem würde dann auch die Akzeptanz der Gesunden für diese Krankheiten steigen, sie könnten ja nicht mehr behaupten, dass jemand der z.B. an Depressionen leidet, nur faul ist und herumjammern würde..

Das sind so die 3 zentralen Forderungen an die Politik, die mir einfallen würden.

Ich denke, ich spreche nicht nur für mich, sondern auch für viele andere Betroffene, wenn ich meine, dass sich in Deutschland etwas tun muss bei der Behandlung von psychischen Krankheiten !

Ich hoffe, dass viele diesen Text lesen und weiter verbreiten.

liebe Grüße
eure Loreley

Antworten

  • MyHandicap User
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    Hallo Loreley,

    vielen Dank, dass Du deine Gedanken mit unserer Community teilst 😀
  • Danke auch für diesen Beitrag. Mein Partner hat leider auch Psychiatrie-Erfahrung und ich hoffe dass sich die Zustände in den Kliniken verbessern werden oder schon verbessert haben.
  • Hallo Natalje,

    freut mich sehr, dass dir mein Beitrag gefällt.
    Was hat dein Partner für eine Krankheit wenn ich fragen darf ?
    Ich bin selbst betroffen (schizoaffektive Erkrankung) und habe auch zum Teil schlimme Erfahrungen mit der Psychiatrie, ich habe im Leben schon viel erreicht, um aus diesem Tief herauszukommen (habe eine Ausbildung abgeschlossen und inzwischen studiere ich)
    und bin eigentlich zufrieden mit meinem Leben. Aber ich habe auch einige Freunde und Bekannte, die ebenfalls krank sind, und denen es schlechter geht. Ich will auch etwas für diese Menschen tun, daher der Beitrag..

    LG Loreley
  • Hallo Loreley,

    deinem Beitrag habe ich gelesen, nun einige Gedanken von mir.

    Du schreibst deine Gedanken zur Psychiatrie. Was sich alles ändern muss. Ich finde es toll wenn ein Mensch sich Gedanken macht, die Situation zu verändern.
    Ich kenne die Psychiatrie. Wollen wir einmal sagen, ziemlich gut sogar. Jedoch nicht aus deiner Sicht her, sondern ... Deshalb finde ich es lobenswert, wenn ein Betroffener etwas dazu sagt. Nur so können Veränderungen getroffen werden und reifen!

    Du schreibst: "1. Bessere Aufklärung"

    Das finde ich genau wie du! Man müsste bedeutend mehr die Familie bzw. Angehörigen einbeziehen.
    Die Therapie in der Einrichtung ist der Anfang, zu Hause muss (sollte!) vieles weiter fortgeführt werden. D.h., die Angehörigen müssen über die Therapie aufgeklärt werden.
    Oft wird es getan, oft wird es leider vergessen.
    Auch in den Medien sollte das Thema bedeutend stärker in den Mittelpunkt gerückt werden. Denn so viele Menschen sind und müssen in Behandlung und sind, wie du es auch betonst, ausgegrenzt. Das muss nicht sein! Das ist auch ein Grund, warum viele Menschen in einer "Fantasiewelt" leben. Sie können sich nicht Mitteilen. Meine Meinung, was hältst du (ihr) davon?

    Du schreibst: "2. Gewalt in der Psychiatrie"

    Was für eine Gewalt meinst du genau? Eine Zwangseinweisung kann man oftmals nicht umgehen. Schon zum Schutz der Person!
    Über die Aufklärung sprachen wir unter Punkt 1.

    Du schreibst: "3. Qualität der Medizin verbessern"

    Es gibt viele verschiedene Behandlungsmethoden. Meine Meinung, ehe man neue Behandlungsmethoden einführt, sollte man diese weiter forschen und erforschen.
    Wirksame Medikamente gibt es viele. Du sagst es, "die Nebenwirkungen" sind es oft. Es gibt zum Beispiel Medikamente die eine Übelkeit hervorrufen. Gegen Übelkeit gibt es jedoch andere Medikamente.
    Medikamente haben viele verschiedene Nebenwirkungen, die man gar nicht alle im Kopf haben kann, trotz verschiedenen Listen. Deswegen sollte ein Psychiater (Facharzt generell!) mit einem Internisten oder praktischen Arzt zusammen arbeiten. Empfehlenswert ist wenn die behandelten Ärzte miteinander im Kontakt stehen. Es könnte vieles im Vorfeld aufgefangen und auch an Geldern gespart werden.
    Um ein neues Medikament auf den Markt zu bringen, erfordert es viel Zeit und Geld. Geld was nicht da ist. Es wird geforscht um die Erkrankungen (noch) besser in den Griff zu bekommen. Ehe dann einer Zulassung zugestimmt wird , vergeht auch wieder viel und kostbare Zeit. Da kann weder die Medizin noch die Forschung etwas dafür!

    Loreley, du hast nicht auf die Medizin geschimpft. Du hast Vorschläge und dazu gute gemacht! Du hast recht, die Politiker sind gefragt!
    Wenn ich so frei sein darf? Bei dem nächsten Besuch der Psychiatrie, spreche das Thema mit der Einbeziehung der Angehörigen an. Denn das ist sehr wichtig, um im späterem Leben auch Menschen an seiner Seite zu haben, die einen verstehen.

    Ich freue mich für dich, dass trotz deiner Erkrankung dein Leben lebenswert ist.

    Die Vergangenheit ist nicht zu ändern. Schau nach vorn und erlebe und lebe die Gegenwart. Lass mal was von dir hören.
    LG, Emmerisch
  • Hallo zusammen, liebe Loreley,

    da ich auch bereits mehrmals in psychologischer Behandlung (sowohl ambulant, als auch stationär) war, möchte ich auch einige Worte dazu sagen:

    Mir wurde stets geholfen, ich wurde nie zu etwas gezwungen und es wurde auch niemals Gewalt angewendet. Medikamente nahm ich nur für kurze Zeit; ich konnte das selbst entscheiden. Zwar wurde ich einmal ans Bett fixiert (geschlossene Abt.), doch das habe ich nicht mitbekommen, es wurde mir später erzählt. Es war eben nötig; es hatte seinen Grund.

    Die Familie wurde nicht in meine Therapien einbezogen, weil ich das nicht wollte. Ich wollte die Familie nicht mit meinen Problemen belasten.

    Nach einem stationärem Aufenthalt in der geschlossenen Abteilung (nach Suizidversuch) bekam ich problemlos einen stationären Platz in einer Klinik und danach übergangslos einen ambulanten Therapieplatz (die Therapie ging noch ca. 8 Jahre lang weiter). Es gibt halt Dinge, die dauern „ewig“.

    Weder Krankenkasse noch sonst jemand hat irgendwelchen Stress wegen der Kostenübernahme gemacht, was ich sehr fair fand.

    Insgesamt hat sich auf den Gebieten Psychotherapie/Psychiatrie schon viel getan und psychische Erkrankungen sind schon längst kein Tabuthema mehr. Auch das Klischee der „Irrenanstalten“ dürfte längst überholt sein.

    Die Politik ist auf dem richtigen Weg. Es müssen allerdings noch viel mehr Therapieplätze geschaffen werden, denn meist sind die Wartelisten viel zu lang.
    Es gibt natürlich auch immer wieder „schwarze Schafe“, die einen auf „krank und Verrentung“ machen und den wirklich Kranken die Plätze wegschnappen; daran wird sich auch in Zukunft leider nichts ändern.

    Meine Erfahrungen sind insgesamt gut! Ich habe allen Menschen, die mir geholfen haben, viel zu verdanken. Ohne sie stünde ich nicht da, wo ich heute stehe. Für mich hat das Wort „Psychiatrie“ seinen Schrecken verloren. Man muss nur den Mut haben, sich diesem „Gespenst“ zu stellen.

    Lieben Gruß
    vom Zornröschen

  • Hallo Zornröschen, hallo User,

    ich freue mich für dich Zornröschen! Da kann man sehen, was sich in der "Psychiatrie" verändert hat.
    Du hast recht, es gibt auch "schwarze Schafe". Das auch überall.
    Wenn wir einmal 20 Jahre zurückblicken, können wir erkennen was sich in der "Psychiatrie" alles verändert hat. Auch in der Politik. Je nach Region gibt es jedoch immer noch viel zu tun.

    Du hast recht Zornröschen, diese Erkrankung kann man nicht in einigen Wochen oder Monate therapieren. Da gehört eine Portion Geduld, die du hattest.

    Das es dir wieder besser geht ist sehr schön, Zornröschen!

    LG, Emmerisch
  • Hallo zusammen,

    danke für die Rückmeldungen.
    Zum Thema Gewalt in der Psychiatrie : ich finde halt, dass Zwangsmaßnahmen oft zu früh und zu hart angewendet werden, sie sollten ja wirklich das letzte Mittel sein. Und wenn man selbst nicht betroffen ist, dann kapiert man vielleicht auch nicht, was solche Maßnahmen für ein Trauma und Misstrauen in andere Menschen bei den Betroffenen auslösen können. Man verliert wirklich das Vertrauen in seine Umwelt, wenn man erlebt dass manchen Menschen der eigene Wille auf deutsch scheißegal ist und sie mit dir umspringen, wie es ihnen gerade passt. Jedenfalls kam mir das so vor.

    Und zum Thema Stand der Medizin : es ist schon wahr, dass sich die Qualität der Behandlung in der leztzten Zeit verbessert hat, aber sie ist noch lange nicht gut.

    Emmerisch, wenn die Nebenwirkung nur Übelkeit wäre, das wäre ja einfach, aber ich zähle dir mal ein paar Nebenwirkungen auf, die ich bei mir selbst und bei anderen erlebt habe :
    vor allem starke Gewichtszunahme durch Zyprexa, ca. 30 kg in einem Jahr, Bluthochdruck, Tachykardie, starke Müdigkeit, Antriebslosigkeit und Depression, Sehstörungen, Sprachstörungen ( bei meiner Freundin, sie hat gelallt und konnte kaum verständlich sprechen), Zittern der Hände (bei meinem Exfreund)

    Warum sind auch die Beipackzettel der Psychopharmaka so ellenlang ???
    Ist doch kein Wunder, dass bei diesen Nebenwirkungen die "Compliance" schlecht ist.

    Und Zornröschen, es ist natürlich schön, dass du gute Erfahrungen mit der Psychiatrie gemacht hast, aber es geht vielen anders. Die Angst vor der Psychiatrie ist manchmal schon berechtigt...

    liebe Grüße
    Loreley
  • Hallo,

    mein Vater heute 75 Jahre und ich 45 Jahre haben Depressionen.

    Mein Vater nimmt seit gut 40 Jahren Antidepressiva. Heute hat er auch noch Parkinson dazu. Sehr viele Medis sind mitlerweile verboten. Er war sehr oft in Kliniken und erzählte mir oft über die Zustände in den Einrichtungen.

    Wir sollten immer sagen, er hat Gelenksprobleme. Um Himmels willen, was sollen die Leute denken, das dein Vater ist verrückt ist.

    Auch die Neurologen früher waren oft richtige Holzhammer, mit dem Lieblingsspruch : "Herr XY nehmen sie sich zusammen sie sind nur Arbeitsscheu und faul".
    Die meisten Mediziner hatten keine Ahnung von der Krankheit, verschrieben Medikamente um die Menschen ruhig zustellen, bzw morgens auf die Arbeit zu bekommen. Die Patienten wurden mit Medikamenten voll gepumpt und ausgegrenzt.

    Der eine Psychiater sagte mal zu Vater." Trinken sie weniger Alkohol und hören sie mit dem Rauchen auf".
    Da mein Großvater(Urahn) Alkoholiker war trinkt mein Vater bis heute kaum (sehr sehr selten) Alkohol und hat noch nie geraucht.


    Zeitweise war mein Vater von den Medikamenten sehr aggresiv oder viel zu still.
    Stürze wurden auf seine Schussligkeit geschoben und verschwiegen. Oft wirkte er wie betrunken, obwohl kein Alkohol fehlte.

    Mein Vater hatte nie eine Gesprächtherapie, meine Mutter hat bis heute nicht verstanden das er krank ist.

    Sie denkt wenn sie schreit oder ihn schimpft kann er die Dinge. Dabei können die Kranken doch nichts dafür.

    Mitlerweile kann ich meinen Vater gut verstehen, den mir geht es zur Zeit auch nicht gut. Obwohl ich auch eine Gesprächtherapie mache. War heute bei der Caritas und habe dort mit einer Psychologin gespochen. Ich muß mir selber Zeit geben mich zu verstehn.
    Ich gehe zur Psychiaterin und nehme ein Medikament abend vor dem schlafen.

    Mein Mann muß auch erst lernen das ich nichts dafür kann.

    Auch in meiner Reha ging es mir sehr gut, es waren nicht die Zustände aus den Horrormärchen meines Vaters. Meine Freunde wissen das ich krank bin, ich stehe dazu.

    Euch einen schönen Tag

    gruß

    Gastone
  • Hallo Loreley,

    danke für deine Rückmeldung!

    Das ist eben die Arbeit, den Stand der Medizin weiter zu verbessern. Woran, wie du es selber sagtest, gearbeitet wird bzw. sich verbessert hat.

    Die Nebenwirkungen: Ich hatte als Beispiel die "Übelkeit" genommen. Deswegen schrieb ich, "man kann gar nicht die Nebenwirkungen im Kopf haben". Das ist auch ein Grund, dass Internisten usw. hinzugezogen werden sollten.

    Gewalt in der Psychiatrie: Es gibt immer "die schwarzen Schafe". Ich weiß nicht was dir widerfahren ist. Ich kenne jedoch keinen Mediziner, der nach einer Zwangseinweisung etc. keine Gefühle gezeigt hat. Das ist auch ein Grund neben vielen, warum man heute schneller reagiert wie früher. Man hat in der Frühphase mehr und bessere Möglichkeiten einer gezielten Therapie.

    Machen wir uns nichts vor, es gibt die und die. Seitdem ich seit einigen Jahren mehrfachbehindert bin habe auch ich, an meinem eigenem Körper die unterschiedlichsten Mediziner kennengelernt. Jedoch bin ich zufrieden.

    Also Loreley, danke nochmals für deinen Beitrag. Ich wünsche dir viel Glück, bis demnächst.
    LG, Emmerisch


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