Suche nach ortsnaher ambulanter Spastiker- und Botolinumtoxinbehandlung

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Hallo,

ich bin neu hier und selbst nicht behindert, aber ich betreue seit 31 Jahren meinen körperlich- und geistig schwerstbehinderten Sohn Philipp daheim - 26 Jahre davon allein erziehend.
Mein Sohn ist eine Frühgeburt in der 30. Schwangerschaftswoche mit daraus resultierender Epilepsie, Infantiler Cerebaralpare und Tetraspastik. Er ist absolut hilflos, nahezu blind, die Epilepsie ist jedoch gut eingestellt, so dass er seit Jahren anfallsfrei ist. Begleiterscheinungen der schweren Behinderung sind Hüftluxationen, Kontrakturen aller Gelenke und relativ wenig Gewicht.

Wir leben seit 2004 in Bayern - im Ingolstädter Raum. An den Wochentagen besucht mein Sohn eine Tagesförderstätte, wird morgens abgeholt, nachmittags heimgebracht, so dass ich noch in Teilzeit beruftstätig bin.

Seit einigen Jahren schon hat sich die Tetraspastik extrem verstärkt. Inzwischen ist der Zustand kaum noch tragbar und bringt auch andere körperliche Symptome mit sich - mein Sohn schwitzt sehr stark, er kann kaum noch Urin lassen bis hin zur deutlich sichtbaren Schwellung der Blase, liegend ist kaum noch Entspannung möglich, Schlafstörungen usw..

Der Zustand ist nicht nur für ihn selbst unerträglich, sondern auch für mich als pflegende Person kaum noch händelbar und bringt mich wirklich an die Grenzen meiner eigenen körperlichen und auch nervlichen Belastbarkeit.

Hilfesuchend habe ich mit an die Direktion der Neurologie der Uniklinik München gewandt und bin von dort aus an den Direktor der Neurologie des Klinikums Ingolstadt verwiesen worden. Direkt in unserer Kleinstadt ist keinerlei passende Hilfe zu erwarten. Auch der Termin im Klinikum Ingostadt war erfolglos.
Keiner fühlt sich zuständig und von niemanden bekommen wir passende Anlaufpunkte.

Ich suche dringend Kontakte zu Ärzten oder Praxen im Ingolstädter oder Münchner Raum, die auf Spastiker durch Infantile Cerebaralparese spezialisiert sind und eine Botolinumtoxintherapie anbieten und bei denen wir eine Chance haben, nicht wieder abgewimmelt zu werden.

Kann uns da hier eventuell jemand helfen?

Vielen Dank!


Antworten

  • Hallo,

    du hast eine PN von mir bekommen.

    Freundlcihe Grüße

    Denis, MyHandicap
  • Erstmal: Hut ab vor deiner Leistung.

    Ich komme nicht aus dem Raum München und kann dir da leider nicht helfen.
    Aber ich bin selber Spastikerin seit meiner Geburt. Meine Spastik ist eher mild.
    Vor ca. 4 Jahren war die Spastik schlimmer. Dann habe ich meine Ernährung auf vegan umgestellt.
    Seitdem ich keine, oder nur noch ausnahmsweise, Milchprodukte zu mir nehme ist meine Spastik viel milder und behindert mich weniger. Wahrscheinlich weißt du das auch schon, das Milchprodukte den Körper übersäuern und die Spastik verstärken, aber vielleicht hilft dir diese Info doch.

    LG
    Tatjana
  • MyHandicap User
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    Ganz lieben Dank sowohl für die PN, als auch den Kommentar! Momentan hilft mir jede Info - so auch die bezüglich der Milchprodukte.

    Heute habe ich erneut ewig telefoniert und endlich einen Termin in der Ambulanz für Spastik und Botulinumtoxin an der LMU München bekommen! Der Termin ist zwar erst Mitte April und es ist noch nicht sicher, dass uns tatsächlich geholfen werden kann, aber zumindest dürfen wir mal vorstellig werden und wurden nicht wieder abgewimmelt.

    Traurig an der Sache - und auch wütend - macht mich jedoch, dass diese Ambulanz der Neurologischen Klinikleitung untersteht, die uns bereits per Mail abwies und nach Ingolstadt schickte. Noch trauriger ist, dass selbst der Leiter der Neurolischen Klinik in Ingolstadt bereits an der LMU in München jahrelang tätig war und sein Name durchaus auch in der Ambulanz bekannt ist, wie sich heute dann telefonisch zeigte. Weder die Direktorin in München selbst, noch der Direktor in Ingolstadt wiesen auch nur mit einem Wort auf diese Ambulanz hin - ich bin erst gestern durch Google darauf gestoßen.

    Meine Recherchen ergaben noch eine etwas weiter als München entfernte gleiche Ambulanz an der Uniklinik in Regensburg. Morgen werde ich auch dort noch anrufen und schauen, ob diese uns vorstellen lassen würden und wann dann dort der früheste Termin sein würde.

    Bis dahin werde ich hier daheim versuchen, den Tipp mit den Milchprodukten verstärkt zu berücksichtigen, was für Philipp nicht leicht sein wird, aber schauen wir mal, ob er es toleriert und welche Alternativen ich finden kann. Auch im ernährungstechnischem Bereich ist es aufgrund der Schwere der ja auch geistigen Behinderung nicht leicht, da er untergewichtig ist und man eigentlich immer froh ist, wenn man überhaupt Kalorien hineinbekommt. Spezialernährung usw. haben wir schon vielfach in den unterschiedlichsten Formen getestet - er lehnt dann jede Aufnahme ab.

    Sollte es euch interessieren, werde ich gern nach der Vorstellung in der entsprechenden Ambulanz hier Bericht erstatten.

    Nochmals Danke und Liebe Grüße an euch!
  • Inzwischen ist es fast schon wieder ein ganzes Jahr her, dass ich hier nach Hilfe fragte und unser Leidensweg ist noch lange nicht zu Ende, aber es hat sich einiges getan - manches im Endzusammenhang mag einen wirklich erschrecken und schockieren. Fertig sind wir noch lange nicht ... Keine Ahnung, ob überhaupt jemand das Lesen des langen Berichtes durchhält und es euch interessiert ...

    Der Termin in der Spastikerambulanz scheiterte bereits daran, dass unser ambulant behandelnder Neurologe uns keine Überweisung gab, weil er selbst Botox behandelt. Trotzdem muss ich etwas weiter ausholen.

    2009 waren wir erstmals bei diesem Neurologen. Damals wurde von ihm Melperon zum normalen Anti-Epileptikum dazu genommen. 1 Jahr später kam dann noch Rivotril von ihm dazu. Keine Vorgaben zur Wiedervorstellung, keine große Aufklärung zur Medikation. Wirklich begeistert war ich von diesem Neurologen nie, da prinzipiell keinerlei Untersuchungen stattfanden - er saß am Schreibtisch, Phil im Rolli - Gespräch, Rezept, fertig. Weder Kontroll-EEG's, Blutdruck- oder Pulsüberwachung usw.. Folgerezepte wurden nach Überweisungsbericht all die Jahre von unserem Hausarzt ausgestellt, welcher sich zumindest in der gleichen Stadt befindet, in der wir leben.

    Nachdem wir also in 2018 keine Überweisung bekamen und Alternativen hier ja mäßig waren, er aber Botox selbst spritzte, landeten wir also trotzdem wieder bei ihm. Dies war im März 2018.

    Der Ablauf war der Gleiche. Ich schilderte die Problematik mit all ihren Verschlechterungen auch in Bezug auf die sich immer weiter verschlechternde Blasenproblematik. Philipp wurde erneut auch nach all den Jahren nicht untersucht - es wurden keinerlei Empfehlungen oder Überweisungen ausgestellt, einen Urologen oder andere Fachärzte aufzusuchen. Botox würde unser Problem auch nicht lösen - sein Ansatz war eine Sativex-Therapie. Wir kämpften dann also erstmal bis zum frühen Sommer mühsam die Cannabisbehandlung mit Sativex durch die Kasse. An der bisher seit inzwischen 8 Jahren bestehenden Medikation mit Rivotril und Melperon zusätzlich zum Valproat Chrono 300 wurde nichts geändert - darüber wurde nicht mal gesprochen.

    Der Versuch mit Sativex schlug fehl - die Gesamtproblematik verschlimmerte sich nur noch extremer, so dass wir den Versuch als erfolglos abbrachen und erneut bei dem Neurologen um andere Hilfe ersuchten. Gleiches Spiel wie immer - keinerlei Untersuchungen, keinerlei EEG, keinerlei Anpassen der Medikation, nichts - Endergebnis war, Wiedervorstellung auf Wunsch, wir würden ja wissen, er helfe gern ...

    Zwischenzeitlich bekam ich jedoch von der Tageseinrichtung meines Sohnes den Tipp, mich doch mal ans MZEB der Klinik Rummelsberg zu wenden und hatte hier bereits einen Termin für Anfang November - dieser Termin war der letzte Trost dafür, dass unser Neurologe nicht half, uns aber weiterhin auch nirgends anders hinschickte. Für das MZEB Rummelsberg war glücklicherweise "nur" eine Überweisung des Hausarztes nötig, welcher uns diese auch gern ausstellte.

    Der Termin im MZEB der Klinik Rummelsberg war eine totale Überraschung für uns. Noch nie seit unserem Umzug nach Bayern in 2004 war man an uns so interessiert, war man so bemüht und endlich nahm man mich mit unserer Problematik ernst! Sofort wurde ein EEG geschrieben, Blutdruck und Puls gemessen, ein Psychologe hinzugezogen und Krankengymnasten ebenfalls mit einbezogen. Die 80 km Fahrt von uns aus in die Klinik hatten sich allein dafür schon gelohnt.

    Dann ging eigentlich alles recht schnell - man war sich klar, dass man Ursachenforschung betreiben musste. Bilder von der Blasensituation waren mehr als erschreckend wohl auch für den Arzt dort. Die Klärung sollte dort stationär auf der dortigen Epilepsiestation erfolgen, da man auch über Langzeit-EEG ausschließen wollte, dass sich epileptisch etwas verändert hat, man wollte ein MRT vom Kopf machen und und und.

    Anfang Dezember gingen wir also stationär. Ich nahm unbezahlt frei, um Philipp dort tagsüber entsprechend begleiten zu können, hatte also tatsächlich Einblick in den stationären Alltag und konnte gar nicht glauben, wie toll dort mit behinderten Menschen und den Angehörigen umgegangen wird. Alle waren extrem bemüht - jeder Arzt, jeder Pfleger - es gibt dort auf der Station sogar Heilerziehungspfleger zur Beschäftigung der Patienten - nahm sich extrem viel Zeit für Gespräche, um irgend einen Ansatz der Problematik zu finden. Wir bekamen in den 2einhalb Wochen mehr Diagnostik als in den gesamten letzten 10 Jahren.

    Direkt am Aufnahmetag wurde Baclofen hinzugenommen und mit dem Ausschleichen von Rivotril und Melperon begonnen, da beides ja offensichtlich seit Jahren keinerlei Hilfe brachte. Der Erfolg war jedoch leider sehr mäßig - die vielen Diagnostiken brachten keinerlei Erklärung. Am 21.12. wurde die Station erstmal geschlossen über den Jahreswechsel - wir hatten jedoch bereits einen neuen Termin zur Wiederaufnahme für den 16.01.19.

    Mit nach Hause bekamen wir einen Reduktionsplan für das Rivotril. Mit dem Melperon war man bereits raus. Das Rivotril wurde von Tabletten auf Tropfen umgestellt, so dass wir nach Plan weiterhin wöchentlich um 1 Tropfen reduzieren sollten.
    Daheim begann ich eine schriftliche Tagesdokumentation der Problematik.

    Abgesehen von leicht verbessertem Urinverhalten war das Fazit dieser Dokumentaion jedoch, dass sich unser Verlauf eigentlich eher verschlechterte - die krassen Phasen wurden immer kürzer, es gab eigentlich keine ruhigen Tage mehr. So war ich gespannt auf neue Ansätze im Januar.

    Der zweite stationäre Aufenthalt war dann vom 16.01.19 bis 25.01.19 - wir sind also noch gar nicht so lange wieder daheim.
    Erneut waren alle extrem bemüht. Nochmals fand ein riesiges urologisches Konsil statt, erneute EEG's - alles ergebnislos. Das Baclofen wurde erhöht und es wurde ein zweites Medikament hinzugenommen - Ciatyl. Erneut zeigte beides während des stationären Aufenthaltes keinen großen Erfolg. Am Freitag, dem 25.01. sind wir dann mittags entlassen worden mit ambulantem Termin zum 08.02. bereits im Gepäck, um dem Einschleichen der Erhöhung des Baclofen und des Ciatyl noch Zeit zu geben und dort dann über eine eventuell intrathekale Baclofenbehandlung zu reden - Infomaterial zur Pumpe usw. bekam ich.

    Direkt am Samstag hatten wir dann daheim einen Horrortag - erstmals in all den vielen Jahren hatte ich ernsthaft Sorge, Philipp bekommt einen Herzinfarkt. Morgens fand ich ihn mit hoch rotem Kopf und stocksteif im Bett - er selbst und das gesamte Bettzeug waren nassgeschwitzt, als käme er gerade aus der Badewanne. Ich hatte Mühe, ihn wieder aus diesem "Zustand" rauszubekommen.

    Eine gute Freundin, die den Verlauf der letzten Monate natürlich durch erzählen wusste, erkundigte sich am Vormittag nach uns. Ich berichtete und sie meinte dann, man könne fast glauben, er seie auf Entzug. Eine simple Bemerkung - vielleicht nicht mal so ganz ernst gemeint, welche für uns ein Segen war! Angestoßen durch diese Bemerkung nahm ich mir alle Dokumentationen vor, den Reduktionsplan des Rivotrils, verglich und machte mich nebenher online auf die Suche nach Entzugserscheinungen von Rivotril. Was ich fand, waren viele wirklich erschreckende und erschütternde Erfahrungsberichte von Betroffenen, die ebenfalls einen Entzug durch Rivotril erlebten (Panikattacken, Halluzinationen, Schweißausbrüche, Herzrasen und vieles mehr). In Zusammenhang gebracht mit dem Plan und unserer Dokumentation erklärte sich nun auch, warum sich unser Verlauf eher verschlechterte und die neuen Medis nicht durchschlagend halfen. Sofort verfasste ich eine umfassende Mail mit meinen Beobachtungen, Ergebnissen der Auswertungen und Rechercheergebnissen an den Oberarzt der Station - welcher übrigens auch das MZEB leitet.

    Montag morgens kam direkt die Antwort - mein Sohn erleidet einen schweren körperlichen Entzug verursacht durch das Rivotril. Sofort wurde der Reduktionsplan verlangsamt.

    Bringen wir nun alles in Zusammenhang - von der ersten Verordnung des Rivotrils durch den damaligen Neurologen an bis zum heutigen Tage, so ist mein Sohn offensichtlich seit wahrscheinlich mindestens 7 Jahren medikamentenabhängig und auf sogenannten Dauerentzug!

    Beliest man sich mehr, dann wird überall von einem Langzeiteinsatz des Medikamentes abgeraten - eben wegen hohem Suchtpotential. Auch liest man immer wieder, dass die Gewöhnung schnell geht, es zu schnellen Entzugserscheinungen kommt, die dann widerum nicht erkannt werden als diese, sondern einer Verschlimmerung der Grunderkrankung zugesprochen werden.

    Auch bei uns scheint dies der Fall zu sein. Es wurde ja nie an der Dosierung etwas verändert, diese angepasst oder ähnliches. Es wurde nie überhaupt an Entzug als Möglichkeit gedacht - abgesehen natürlich von der Fahrlässigkeit, dass man auch keinerlei andere Diagnostik vornahm, um andere Ursachen wie Epilepsieveränderung, Tumore im Hirn, Steine in Blase, Nieren oder Galle oder ähnliches auszuschließen. Dies wurde ja erst in Rummelsberg veranlasst.

    Fazit ist - wir haben noch einen langen Weg vor uns und wissen nicht, wo uns dieser am Ende eigentlich hinführen wird. Erst im März werden wir mit dem Ausschleichen des Rivotrils komplett fertig sein und selbst danach kann es noch monatelang dauern, bis der komplette Entzug durch ist. Momentan wissen wir eigentlich gar nicht, "wer" und "wie" Philipp überhaupt clean sein wird und ob es am Ende unsere Eingangsproblematik überhaupt noch geben wird bzw. wie stark diese noch sein wird. Wir hoffen, vielleicht bis zum Sommer schlauer zu sein und werden solange durch das MZEB Rummelsberg weiterhin ambulant betreut.

    Mache ich mir selbst Vorwürfe? Ja - natürlich! Offensichtlich habe ich mich viel zu lange auf Fachärzte und die verordneten Medis verlassen und habe mich nicht ausreichend über die Risiken informiert. Bin ich trotzdem entsetzt, dass ein sich mit 35 Jahren Berufserfahrung selbst preisender Neurologe ein solches Medikament verordnet und später nie überhaupt einen einzigen Gedanken an diese Art der Konsequenz verschwendet, sondern einen einfach mit "Wiedervorstellung auf Wunsch" nach Hause schickt? Ja - das bin ich. Momentan kann ich gar nicht sagen, ob ich mich über diesen Neurologen oder mich selbst mehr ärgere ...

    Falls jemand durchgehalten hat - danke für eure Zeit.

    LG Bärbel
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