Rollstuhl oder nicht?

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Guten Tag.
Ein guter Bekannter von mir bewegt sich schon seit seiner Kindheit mit Krücken fort. Jedoch machen seine Beine langsam nicht mehr mit, es wird ihm immer anstrengender. Ich habe ihm vorgeschlagen, auf einen Rollstuhl umzusteigen. Doch er war angesäuert und meinte, da drin verlaufe der Verfall noch schneller, weil da weniger körperliche Aktivität sei.
Das kann ich mir aber nicht vorstellen, sitze ja selber drin und bin noch recht aktiv. Baut ein Rollstuhl den Körper ab? Gibt es dazu Studien, die das Gegenteil sagen?
Gruß. SAVANTIS.

Antworten

  • Hallo SAVANTIS,
    das kenn ich daß man jemanden über zeugen will und die Leute dann Sauer oder Wütend
    werden.
    Ob es eine Statistik gibt weis ich leider auch noch nicht.
    Das beste Beispiel ist eigendlich dein eigener Rolli.
    Ich hab meinen jetzt schon 2 jahre ungefähr und von schlechter ist da keine Spur.
    Der körper kann sich besser ausruhen und es kostet den Körper nicht soviel Kraft.
    Zu Fuß schafst du bestenfalls einen halben Tag mit guter einteilung.
    Mit dem Rolli schafst du den ganzen Tag und bist nicht so kaputt.
    Bei mir war es mein Vater 73 jahre der keinen Rolli wollte und dem ich dann beim Großeinkaufen( REAL)gezeigt hab was er eigendlich in kauf nimmt.
    Nach 20 minuten fragte er dann ob er meinen haben darf den gibt es natürlich nicht.
    Es ist ein Hilfsmittel das erheblich dazu beiträgt seinen alltag zu meistern ohne ständig aus der Puste zu sein und über seine Kräfte zu gehen.
    Sonst nichts. Das ist keine Mausefalle.
    Jeder kann selbst entscheiden jetzt ist es genug ich kann das nicht mehr und so hat er einfach keine andere Wahl.Krücken sind nichts anderes find ich.
    Gruß
    Herbi

  • Hallo!
    Ich versuche seit nun 10 Jahren die Mobilität zu bekommen,die ich getestet und mir erhebliche Erleichterung verschaft in vielen Lebenslagen.
    Bis ich längere Zeit dazwischen ein Elektromobil fahren durfte,habe ich mir tagtäglich genau ausgerechnet ,was ich zu erledigen habe und möchte.Wenn ich wo hin muß dann Bus,den Weg dort hin,dann Sitzplatz usw.Wenn alles optimal verlaufen ist,war ich einigermaßen ausgeglichen.Wenn nicht durfte mich keiner ansprechen,weil ich dann Schmerz und damit verbundene Einschränkung nicht mehr verdrängen konnte.
    Dann hatte ich ein Elektromobil,das ich mit meinem ebenfalls kranken Mann geteilt habe und wir beide wurden neu geboren.Das gehen wurde dadurch nicht mehr eingeschränkt als vorher,aber die Psyche machte einen Riesigen Sprung Richtung Sonne.Vorher wenn ich ein Bekleidungsgeschäft aufsuchen wollte,war ich schon erledigt wenn ich dort angekommen bin,konnte mich oft kaum noch konzentrieren und die Lust war weg.Hab das nächst beste Teil genommen und schnellstens nach Hause.Mit Mobil fuhr ich gelöst und entspannt zu dem Geschäft,dabei war mancher Plausch unterwegs plötzlich für mich drin,ohne Streß,vom Schmerz erfüllt.Beim Geschäft hatte ich die Kraft mich umzusehen zu Fuß und mit dem Gefühl nicht gehandicapt zu sein.Ich fand plötzlich wieder Sachen,die mir freude Machten.Ich sah unterwegs Dinge,die ich Jahre nicht mehr wahrgenommen hatte,weil der Schmerz immer da war und die Kraft zu schnell weniger wurde.Zu Hause hatte jeder wieder mehr zu erzählen,wir lachten wieder mehr und wir konnten unsere Neugier befriedigen mit einem schnellen Schlenkerer wenn uns danach war.Die nächste Straße war kein Problem mehr.Heute sind wir wieder meist zu Hause und die Lebenslust schwindet.Nur die Hoffnung gehen und Fahren so zu kombinieren,das es uns Erleichterung bringt,gibt uns Hoffnung.Gruß Sendrine
  • Hallo SAVANTIS,

    das kommt darauf an welche Grunderkrankung Dein Freund hat und aus welcher Perspektive man das betrachtet.

    Für viele ist ein Rollstuhl die schwerste Form der körperlichen Einschränkung. Sie können sich nicht vorstellen, daß ein Rollstuhl mehr Mobilität und Aktivität zuläßt als eine Leben mit Krücken. Deshalb ist für sie der Erhalt der Gehfähigkeit um jeden Preis wichtiger als ein großer Bewegungs- und Aktivitätsradius. Der körperliche Verfall muß nicht unbedingt unter einem Rollstuhl leiden. Wenn man einen aktiv-Rollstuhl fährt und sich viel bewegt, Zuhause weiterhin viel läuft und Sport (z.B. Schwimmen) macht, muß das nicht so sein. Das einzige was sich ändern wird ist, daß Deinem Freund von Monat zu Monat weite Strecken zu laufen schwerer fällt. Das liegt aber eher daran, daß er sich an die Erleichterung (nicht Bequemlichkeit) des Rollstuhls gewöhnt und lernt sich selber zu entlasten.

    Du sollest ihm erzählen das es viele verschieden Rollstühle gibt und nicht jeder Rollstuhl einen hilfsbedürftig und aktivitätsarm macht. Mein Rollstuhl z.B. ermöglicht mir deutlich mehr Aktivität als meine Stöcke. Ich kann wieder Sport, ja sogar Leistungssport machen und bin den ganzen Tag unterwegs. Ich bin viel fitter, viel gesünder und überall dabei, wo es was zu erleben gibt. Hilfsbedürftig bin ich nur außerhalb meines Rollis. Im Rolli bin ich genauso autonom und mobil wie Nichtbehinderte. Manchmal ist rollen schöner als laufen. 😉

    Gruß Karin
  • Hallo Ihr Lieben....,

    bei der Frage, ob Rollstuhl oder (noch) nicht , bin ich auch hin und her gerissen.
    Ich nutze seit etwa einem Jahr für längere Wege (wobei „längere“ bei mir alles über 10 Schritte bedeutet und wenn ich mich nirgendwo abstützen kann) einen Rollator. Obwohl dieser 'topmodern' ist, fühle mich damit allerdings wie eine alte Frau. Ich merke ja selbst , dass ich mich mehr und mehr vom Leben zurückziehe (wenn ich nicht stundenweise im Büro arbeiten würde, käme ich kaum noch aus dem Haus), traue mich jedoch auch nicht in einen Rollstuhl. Auf viele (schöne) Dinge muss ich verzichten und irgendwie macht das sehr einsam und verbessert meine Situation in keinster Weise.
    Hinzu kommt, dass ich in einem „Kaff“ lebe, wo Jeder Jeden kennt. Ich fürchte, wenn ich heute mit Rollstuhl auf die Straße fahre, bin ich spätestens übermorgen „totgesprochen“.
    Ich weiß auch noch nicht, was ich tun soll – für mich ist diese Entscheidung auch sehr schwierig und ich bewundere wirklich alle, die mit ihren Schicksalen (und den Rollstühlen) so locker umgehen. Ich bin noch nicht soweit. Vielleicht bin ich einfach nur blöd!

    Das ein Rollstuhl der Muskulatur schadet, glaube ich hingegen nicht. Man kann ja die Muskeln trotzdem trainieren. Ich glaube vielmehr, ein Rollstuhl ist in erster Linie eine Frage der Akzeptanz der eigenen Situation.
    Liebe Grüße

  • Zornroeschen schrieb:Ich fürchte, wenn ich heute mit Rollstuhl auf die Straße fahre, bin ich spätestens übermorgen „totgesprochen“.
    Ich weiß auch noch nicht, was ich tun soll – für mich ist diese Entscheidung auch sehr schwierig und ich bewundere wirklich alle, die mit ihren Schicksalen (und den Rollstühlen) so locker umgehen. Ich bin noch nicht soweit. Vielleicht bin ich einfach nur blöd!


    Totsprechen:

    Ich kann dazu was sagen. Mein Armteil ist auch so ein Ding, das man immer einfach sieht. Ich bin nach etwas ueber einem Jahr soweit, dass ich wirklich in eine Art Gewoehnung komme und es auf einmal *wirklich* wurst wird, was andere darueber denken oder sagen, oder man weiss ihnen auch etwas wirklich unverarbeitbares zu entgegnen.

    Jedenfalls war es zu Beginn ganz extrem stressig, man geht von einem eigentlich Stresseintauchen durch voellig durchschwitzte Kleider bis zur unerkennbaren aber schwer aushatbaren Nervositaet. Nur das immer wieder machen, das dauernde tun, sicher auch die wiederholte Zusicherung anderer Leute aus Supportgruppen, dass es einfach irgendwann weggeht, fuehrten dazu dass ich einfach dabei blieb. Es ist ein echtes Gewoehnen, das nur stattfinden kann, wenn Du es auch zulaesst. Es ist dann auch wirklich anstrengend. Inzwischen ist bei mir dieser Stress am wegbrechen und verschwindet langsam, aber es brauchte doch eine Weile.

    Mit locker umgehen hatte es weniger was zu tun. Ich denke, ich gab / gebe mir manchmal einen Tritt in den Hintern, das wirds eher sein, was es ausmacht.


  • Hallo zusammen,

    warum Menschen sich lieber Stubenarrest verordnen als sich einen gescheiten Rollstuhl zu zu legen, werde ich wohl nie verstehen. Wer kaum noch auf den Beinen stehen kann, wessen Leben sich überwiegend Zuhause abspielt, wer kaum noch am öffentlichen Leben teil nimmt, weil seine Füße ihn nicht mehr tragen, für den ist ein Rollstuhl eine wahre Erleichterung. Mit Stöcken oder Rollator in der Hand ist das Leben deutlich eingeschränkter als mit einem gut ausgewählten Rollstuhl. Der Rollstuhl ist nicht ein Schritt zurück, er ist ein Schritt nach vorne. Was bringt einem das Grübeln gegen oder für einen Rollstuhl, wenn das Leben an einem vorbei zieht? Wer die Fähigkeit zu Gehen hat, der wird diese Fähigkeit durch einen Aktiv-Rollstuhl nicht einbüßen. Er wird seine Füße auch weiterhin benutzen. Aber er kann sich den Luxus leisten seine Kräfte so ein zu teilen, daß er auf nichts mehr im Leben verzichten muß.

    Ich laufe immer noch obwohl ich seit fast 30 Jahren einen Rollstuhl benutzt. Mein Rollstuhl hat die Verschlechterung meiner Gehfähigkeit verlangsamt, weil ich die Überforderung des Laufens nicht mehr hatte. Heute sitze ich zwar mehr als das ich laufe, aber bis ich zum Berufssitzer wurde, hat es 25 Jahre gedauert.

    Gruß Karin
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