Negative & positive Erfahrungen von Senioren mit körperlicher Einschränkung bei Veranstaltungen?

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Liebe MyHandicap-Mitglieder,

mein Name ist Steffen, ich bin 28 Jahre alt und wohne in Berlin.
Momentan bin ich in den Endzügen meines Studiums („Veranstaltungsmanagement“) und schreibe meine Abschlussarbeit mit dem Thema „Barrierefreie Teilhabe an Musikveranstaltungen für Senioren mit körperlicher Einschränkung“.
Nebenbei arbeite ich bereits als Werkstudent bei einem Berliner Konzertveranstalter.

Vielleicht ist hier ja jemand dabei, die oder der über 60 Jahre alt und in irgendeiner Weise körperlich eingeschränkt ist, sich davon aber nicht unterkriegen lässt und trotzdem noch ab und zu auf Konzerte, in die Oper oder zu anderen Musikveranstaltungen geht.
Dann würde ich mich riesig freuen, wenn ihr einfach von euren (negativen wie positiven) Erfahrungen, die ihr im Zuge des Besuchs dieser Veranstaltungen gemacht habt, erzählen würdet.

Ich hoffe, so zu neuen Erkenntnissen zu kommen, welche Anforderungen überhaupt von Senioren an eine Versammlungsstätte (zB Konzerthalle) gestellt werden. Interessant ist für mich auch, welche Probleme, Hindernisse oder Auffälligkeiten euch bei einem solchen Besuch begegnen. Eventuell habt ihr ja sogar Verbesserungsvorschläge, Ideen oder Wünsche, was man besser machen könnte.
Solltet ihr etwas nicht öffentlich schreiben wollen, könnt ihr mir auch gern eine Privatnachricht zukommen lassen :)

Da wir als Veranstalter eng mit den Versammlungsstätten/Konzerthäusern zusammenarbeiten (müssen), ist es nicht unwahrscheinlich, dass diese Ideen langfristig berücksichtigt werden.

Jetzt freue ich mich auf eure Geschichten!

Liebe Grüße
Steffen

Antworten

  • Lieber Steffen
    Danke das ihr euch Gedanken macht. Ich bin nicht ganz repräsentativ.63 und leicht gehbehindert
    Da es aber auch bei mir ein Rollstuhl werden kann halte ich jetzt schon die Augen offen.
    Das grösste Problem sind meistens die Rollstuhlrampen oder Lifte. Es ist einfach nicht schön wenn ein Veranstaltungslokal durch den Dienstboteneingang meistens noch neben der Müllentsorgung befahren werden muss .
    Sonst kommt es schon auf die Art der Veranstaltung an . Bei einer Musikveranstaltung mit Stühlen ist es einfach bei solchen wo vorne noch Platz für Tanz freigehalten wird schon schwieriger. Ich habe keine Lust von der fünftzigsten Reihe halb hinter einer Säule ein Konzert zu geniessen, da müsste man sich überlegen ob man nicht Bühnennah einen abgesperrten Raum der aber auch vor tanzwütigen geschützt ist schaffen kann. Das heikelste sind laute wilde Veranstaltungen zb Karneval. Ich kenne einige Klienten die sich gerne am Karneval beteiligen würden aber es aus Angst unter die Räder zu kommen nicht mehr tun . Schon mehrmals sind mir verstellte oder schlecht zugängliche Notausgänge aufgefallen.
    Das mal als Anregung du darfst ruhig weiter Fragen.
  • swisswuff1
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    Ich bin erst 51 aber vermute nicht dass die Behinderung in den nächsten Jahren verschwinden wird ; )

    Mit Unterarmamputation rechts stört mich meistens dass es keine gescheite Möglichkeit gibt um Becher Bier oder Bratwurst nett zu konsumieren, dazu habe ich gerne einen Tisch, und wenn nur einen Stehtisch. Zunehmend darf man eh nichts selber zu essen / trinken mitnehmen je nach dem wo das stattfindet, ähnlich wie in Kinos, wo sie auch nicht akzeptieren dass man sein eigenes Wurstbrot mitbringt (was noch ginge wenn sie wenigstens dann dort selber gute Wurstbröter verkaufen würden, aber das kulinarische Angebot an Kinokassen ist meist bloss Junkfood zu krassen Preisen). Wenn besonders guter Fingerfood angeboten wird der extrem schwierig in der Handhabung ist, und man freundlicherweise stark dazu gedrängt wird unbedingt auch was davon zu kaufen, habe ich schon vorgeschlagen, es gleich nach dem Kaufen sofort auf den Boden zu schmeissen bevor man es sich ins Gesicht schmiert um Zeit zu sparen wenn man dann weil man hungrig ist dann so oder so in ein richtiges Restaurant geht - mit dem Ergebnis dass dann rumgedruckst wird und das Zeug dann trotzdem auf dem Boden landet. In anderen Worten habe ich es lieber auch für mich gemütlich und ordentlich, und dann ist es eben nicht jede für andere greifbare und handhabbare günstige Gelegenheit. Wenn das nicht geht, lass ichs inzwischen auch einfach ganz sein. Auch so Zeug wie Stehparty, Apero Riche, etc. - da gehe ich statt dessen irgendwo einen Hot Dog holen oder mache mir eine Suppe und gehe nach dem Essen an den Anlass, wenn es sich nicht vermeiden lässt, oder gehe früher weg dort und gehe anschliessend ordentlich was essen. Es interessiert meist eh sonst keinen : ) Man kann sowas einteilen wie man selber will. Wird man auch nie danach gefragt.

    Im Kongresshaus Zürich waren z.B. die Sitze extrem eng, wenn man etwas asymmetrisch auch Nacken-/Schulterprobleme hat und die Sitzposition gelegentlich etwas ändern will und dann wie in einem Schraubstock quer verdreht irgendwo eingezwängt sitzt ist das erstmal äusserst schmerzhaft und unangenehm und zweitens sehr schade ums Geld. Und wenn man mit kaputtem Arm nach Ende Konzert an der Garderobe steht, um den vorgeschriebenerweise dort abgegebenen Mantel abzuholen, starren einen die Angstellten erst mal ein Viertelstunde an, lassen einen stehen, bedienen alle anderen Leute und man wartet erstmal, bis die realisieren, dass man nicht als Dödel zum Spass dort steht sondern Kunde wäre. Sowas ist eine Art Horrortrip und mir reut dann jeder Franken amigs. Ein anderes Konzert war dann für mich ok, da standen so Tischli an der Seite, was die Kollegin die mit der ich dort war störte, da sie lieber woanders gesessen wäre, war dann alles in allem auch doof. Muss man sich nicht drüber aufregen, wir haben sowas dann sein gelassen : ) An anderen Orten wäre es vielleicht nett, aber dann wird man von irgendwelchen Personen doof angemacht und wenn man auch alleine noch die Sache bündig geklärt hätte, kann man in guter Begleitung nicht so reagieren wie es sich gehören würde. Damit ist das Thema auch ein bisschen so "Oeffentlichkeit die sich nicht benehmen will", und führt seit einer längeren Weile dazu dass ich wirklich Musik bedeutend lieber anderswo als bei Konzerten anhöre.

    Also, erstens kostet so ein "richtiges" Konzert immer doch irgendwie eine Menge Geld, und dann der ganze Unsinn von A-Z, das tue ich mir nicht mehr an, wenn es sich irgendwie umgehen lässt. In den letzten Jahren liess es sich also ganz gut umgehen, und für die Zukunft sieht es ganz gut aus. Wenn wir mit Kollegen in den Ausgang gehen, ist es daher kaum je ein Konzert. Wir machen da vielleicht lieber einen Spaziergang oder sonst was so. Wenn das Veranstalterdrama zu arg ist, fällt die Sache ins Wasser. Nur schon so Open Air Kino, meist zu gut besucht, dass man längere Anreise etc. planen muss, ist insgesamt zu doof. Lassen wirs sein, machen was anderes mit unserer Zeit.

    Da ich also so im Gesamtpaket solche Veranstaltungen zunehmend blöd finde, auch wenn die Künstler oder Vorstellung sonst an sich noch cool gewesen wären, hätte ich auch keine weiteren Ansprüche anzumelden. Die wenigen Musikveranstaltungen wo es mich höchstens noch hin verschlägt sind dann meist die Rede nicht wert. Mal an ein Orgelkonzert wo man in eine Kirche sitzt, da kann keiner was falsch machen. Oder mal ein Strassenkonzert wo eh alle im Halbkreis rum stehen. Selten in ein Kino, aber nur wenn Preis, Zeit, Ort und Platzangebot auch stimmen - sonst nicht.
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