Liebe gefunden, 2. Teil

Hallo zusammen,

So, nun bin ich am Donnerstag 29. Oktober 2009 mit dem Zug nach Stuttgart gefahren. Alleine im E-Rolli. Den Koffer und den einhändig zu betreibenden Handrollstuhl hatte ich bereits 4 Tage vorher am Bahnschalter aufgegeben, die Gepäckstücke würden direkt zur Heimadresse meines Verlobten geschickt.
Die Reise verlief bestens und sehr schnell, hatte aber vorher meinerseits einiges an Logistik erfordert.
Als sehr starke Raucherin fuhr ich auf dem Bahnsteig in Stuttgart als erstes in eine Raucherzone. Dann sah ich von weitem jemanden mit wallenden Haaren auf mich zukommen. Mit einem riesengrossen Lächeln auf den Lippen. Es war mein Verlobter, der zu rennen versuchte. Irgendwie sah es komisch und zugleich tragisch aus.
Wir nahmen uns in die Arme und gaben uns einen etwas ungeschickten, aber zärtlichen Kuss auf den Mund.

Danach gingen wir Kaffee trinken und in die Stadt. Micha war nervös, weil mein Gepäck noch nicht angekommen war. Ich liebe die Stuttgarter Innenstadt. Nachdem wir ein bisschen gebummelt waren, fuhren wir mit der S-Vahn in den Vorort, in dem Micha wohnt. Bis zu seiner Wohnung gings noch ca 20 Minuten zu Fuss. Und natürlich waren der Koffer und der Rollstuhl da. Micha verräumte zuerst das Gepäck (ich hatte viel zuviel dabei), dann wechselte ich den Rollstuhl, und ich konnte endlich Micha's winzige Wohnung erkunden. Sie ist relativ modern und hübsch, aber wahnsinnig klein für 2 Leute. Plus ich kam mit dem Rolli nicht ins Bad. So musste Micha regelmässig meinen Urinbeutel leeren. Hätte auch nicht jeder gemacht! wir tranken noch etwas und redeten und gingen dann zu Bett.
Am Freitag Morgen früh um 4.14 ging ein Wecker los und ich war froh darüber. So konnte ich Micha bitten, mir in den Rolli zu helfen. Ich hatte grässliche Rückenschmerzen, wahrscheinlich von der weichen Matratze. Samstag und Sonntag Morgen das selbe Spiel. Ich schlief sehr wenig in Deutschland. Im Rolli meistens noch 1-2 Stunden am Morgen, das war alles. Sonald Micha aufgestanden war, gabs etwas, das Kaffee hiess......... Am Samstag hatte ich den Kaffee vorbereitet und Micha meinte nur "Killerszeug" und er verzog das Gesicht. Micha's Gesicht ist so schön! Seine dunklen Kulleraugen drücken so viel Liebe aus und erzählen auch von dunklen Stunden. Seine Lippen sind perfekt und küssen mit unglaublicher Zärtlichkeit.
Den ganzen Freitag blieben wir zuhause und im Pijama. Wir redeten viel und hatten über 2 Stunden am Stück Sex. Blümchen-Sex, wie es Micha nennt. Sehr viel küssen, vor allem auf den Mund, streicheln, reden. Ich würde Micha oft gerne süsse Worte flüstern, aber das würde er nicht verstehen. Sein Gehörschaden ist ungefähr so, wie ich's mir vorgestellt habe. Wenn man relativ laut und deutlich ihm direkt ins Gesicht spricht ist es absolut kein Problem. Aber andere Voraussetzungen verschlimmern das Problem.
Am Samstag gingen wir wieder in die Stadt. Zuerst Jeans kaufen für Micha, dann auf den Markt. Als alles erledigt war, genossen wir draussen in einem Restaurant ein gutes Mittagessen. Nachher gings wieder nach hause. Micha ist in der Stadt immer nervös, er hasst die Menschenmengen und den Stress. Er fühlt sich erst zuhause wieder wohl. Micha ist überhaupt sehr sensibel. Und das kann ganz schön mühsam sein; ich rede aus Erfahhrung. Am Sonntag wurde zuerst gepackt, dann das frische Gemüse und die Riesen-Garnelen (Scampi) gekocht. Und mit viel Genuss gegessen! Nach dem Essen legten wir noch 1 Stunde Blümchen-Sex ein, bevor's wieder in die Stadt ging. Dort tranken wir noch 2 Kaffee0s bevor wir uns trennen mussten. Sobald Micha weg war, heulte ich.
Ich heulte auf der ganzen Heimreise, die ganzen 5 Stunden. Aber lautlos. In mich hinein. Erst als ich gegen 3 Uhr früh einschlief, hörte es auf.

Ich habe wunderbare, erfüllende, von Liebe erfüllte Tage in Stuttgart erleben dürfen. Micha ist nicht über mich hergefallen, er hat sich als der liebevollste, zärtlichste, Mann herausgestellt. Ich liebe ihn so sehr, dass es körperlich weh tut, wenn er nicht da ist. Micha akzeptiert mich so wie ich bin. Mit allen meinen äusserlichen und innerlichen Narben, mit meinen kurzen Beinstümpfen, mit meinem Uebergewicht, meinem gelähmten Arm.

meine Entscheidung, mich mit Micha zu verloben, war wohl das Gescheiteste, was ich in letzter Zeit so gemacht habe. Und die Entscheidung, nach Stuttgart zu fahren, hat sich ebenfalls mehr als gelohnt.

So lange wir zusammen sind, kann uns nichts geschehen.
Micha, ich liebe Dich!