Können Autisten eine normale Beziehung haben?

Meine Freundin hat einen Jungen mit Asperger Syndrom. Sie vermutet, dass sie das auch in leichter Form hat. Zumindest legt sie einige Verhaltensweisen an den Tag, die ich aus meinem vorherigen Beziehungen nicht so kenne. Um ein Beispiel zu nennen, wir übernachten meistens nur am Wochenende gemeinsam. In der Woche kommt sie mich zwar besuchen, aber sie geht dann immer wieder in ihre Wohnung zurück. Wir wohnen direkt gegenüber. Auf meine Frage, warum wir nicht auch in der Woche gemeinsam übernachten können, weicht sie eher aus. Sie meint dann meistens, das ist sicherlich mal möglich, bloß halt jetzt nicht. Kann das ein Ergebnis von Autismus sein?

Antworten

  • Vermutlich schwer zu beantworten. Schau dich doch einmal auf den zahlreichen Asperger-Portalen um. Dort gibt es sehr konkrete Hilfen, Diskusionen usw. Ich gucke mir auch immer wieder die alten und neuen Folgen von 'Big Bang Theory' auf Pro7 an. Den Aspie mit seinen Alltagsproblemen findest du schnell.
  • Hallo Saburno,
    ja, dass könnte durchaus auch auf einen einen Autismus zurückzuführen sein. Bei diesem Störungsbild liegt eine grosse Reizoffenheit und Überempfindlichkeit (die oft selbst nicht gesteuert werden kann) vor und es wird schnell zuviel (overload). Solche Menschen brauchen mehr Rückzugsmöglichkeiten um wieder zu sich zu finden.
    Ausserdem alles was neu ist bedeutet sehr schnell Stress. Es kann also sein, sie braucht nur etwas Zeit um sich darauf einzustellen. Wenn ihr Sohn Asperger hat, ist z.B. für diesen auch ganz wichtig alles was anfällt, lange im voraus zu wissen.
    Häufig haben sie ein überempfindliches Sensorium, sind also sehr geräusch- und lichtempfindlich; mögen es nicht angefasst zu werden - vor allem nicht plötzlich oder auf eine bestimmte Art.
    Ich könnte mir vorstellen, dass Deine Freundin, dass Gefühl hat zu sehr aus Ihren Tagesrhythmus zu kommen, wenn sie während der Woche bei Dir übernachtet. Lass ihr einfach Zeit.
    Ja natürlich können Autisten eine normale Beziehung haben; wenn der andere ein Nicht-Autist oder wie man auch sagt neurotypisch ist, sollte man nur wissen, wie der andere "funktioniert" und umgekehrt natürlich auch. Das Autisten seltener in einer Beziehung sind liegt meist daran, dass sie in sozialen Situation "hilflos" sind und oft nicht wissen, wie beginne ich ein Gespräch - viele leiden auch an einer Sozialphobie und ziehen sich völlig zurück.
    Gruss Tündi
    ,
  • Hallo Tündi,

    Erstmal vielen Dank für deine Antwort. Ich denke mal, das hilft mir schon etwas weiter. Auch wenn es für mich als "normaler" Mann nicht leicht ist. Ich verzweifle manchmal schon ziemlich. Gebe ich ehrlich zu. Du meinst also, ich sollte ihr sagen bzw vorschlagen, sag mal wollen wir nicht von Dienstag auf Mittwoch gemeinsam übernachten?

    Viele Grüße Saburo

  • Hallo, ich wollte noch etwas hinzufügen. Du hast etwas von einem overload geschrieben. Das ist bei meiner Freundin tatsächlich manchmal so. Da sagt sie dann zu mir, dass sie wirklich für sich sein möchte, und am liebsten niemanden um sich herum haben möchte. Mittlerweile kann ich damit leben, wir wohnen ja nicht zusammen, aber am Anfang unserer Beziehung vor knapp einem Jahr war das teilweise doch ziemlich schwierig für mich das zu verstehen.
  • Hallo Saburo,
    weisst Du, ein Rezept kann man da schlecht geben. Auch wieviel Zeit sie braucht um sich darauf einzustellen, mal während der Woche bei Dir zu übernachten. Und wie stark sie durch ihre sonstige Arbeit ausgelastet ist. Überlass doch ihr den Tag, vielleicht ist ihr ein bestimmter geschickter.
    Ich möchte hier auch nicht als "Rezeptgeber" fungieren. Du musst verstehen lernen wie sie "funktioniert", denn, dass sie z.B. allein sein will braucht nichts mit ihren Gefühlen zu Dir zu tun zu haben. Jemand mit ihrem "Funktionieren" hat aber auch sehr sehr positive Eigenschaften, die in einer Partnerschaft sehr wertvoll sind.
    Vielleicht noch zwei Dinge: Kommunikation - vielleicht merkst Du bei ihrem Sohn, dass er vieles wörtlich versteht. Als Erwachsener hat man meist schon gelernt das "Wo drückt der Schuh?" sich nicht auf die Schuhgrösse, sondern auf ein Problem bezieht. Trotzdem es kommt deshalb häufig zu Missverständnissen.
    Ich würde Dir raten, dass Du Dich etwas darüber beliest - z.B. hat Christine Preissmann (hab kein scharfes s auf der Schweizer Tastatur) in "Asperger Leben in zwei Welten" einige betroffene Frauen zu Wort kommen lassen. Auch wenn Deine Freundin weniger betroffen sein mag, bekommst Du vielleicht ein wenig ein Gefühl dafür, womit sie und ihr Sohn zu kämpfen haben.
    Natürlich findest Du auch viel in Foren, wie dies schon Waldi schreibt.
    Alles Gute für Euch
    Tündi
  • Hallo Tündi,

    nein, ich erwarte auch nicht DIE Lösung. Deine Antworten haben mir schon viel geholfen. Einfach weil sie so vieles bestätigen. Ich weiß, dass ich meiner Freundin Zeit geben muss und ich bin auch bereit dazu. Auch wenn es nicht immer leicht für mich ist. Das weiß sie auch, und ich glaube, sie schätzt es sehr, dass ich mich mit dem Thema auseinander setze.

    Vielen Dank für den Buchtipp. Ich will mal gucken, ob ich es bekomme. Ideal wäre natürlich eine eBook-Variante. 😀

    VG
    Arne
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