Hallo Xandria!
"Du hast mich gründlich Missverstanden. Also versuche ich es noch einmal und hoffe dass du das noch liest:"
Ja, ich habe es gelesen, teilweise kann ich es verstehen, was Du meinst, ichwerde es aber nochmals auseinanderklamüsern.
"Und ich weiß aus eigener Erfahrung dass es lebensnotwendig ist, dass ein anderer deinen Schmerz sieht und versteht. Das ist so notwendig wie der Rettungsring für einen Ertrinkenden. Das IST in deiner Situation genauso lebensnotwendig, wie es für mich in meiner Situation war. "
GENAU, und daher rbringt es nichts, wenn mir jemand, ohne diesen lebensnotwendigen Schritt vorher gemacht zu haben, gleich sagt, es käme nur auf mein eigenes Empfinden an. Du sagst also schon, daß so etwas wichtig ist, das anerkannt zukriegen. Also, dann genügt es VORERST nicht, daß man selbst weiß, daß es schlimm war.
"Und weil ich all das sehe und verstehe schreibe ich dir damit DU WEIßT, dass es jemanden gibt, der deinen Schmerz sieht und versteht und sagt: JA es ist genauso wie du es siehst."
Das ist aber was anderes, ob jemand sagt, es ist so, wie Du es siehst, oder ob einer sagt, wenn es "für DICH" schlimm ist, dann ist das so. Letztere Aussage bedeutet: "ICH finde es möglicherweise nicht so schlimm, aber Hauptsache, DU empfindest es so." Damit läßt man den anderen alleine oder wirft ihn zumindest auf sich selbst zurück, ohne, daß er vorher die Bestärkung erhielt, daß seine Wahrnehmung wirklich stimmt.
ANDERES BEISPIEL: Wenn einer richtig hübsch ist, sagt man ihm: "DU bist hübsch." Wenn er nicht gut aussieht, sagt man ihm: "Wenn DU Dich hübsch findest, ist das die Hauptsache."
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"Ich habe damals
unter anderem (es gab da noch einiges anderes) wegen der Skins Todesängte ausgestanden und bekam nur zur Antwort: "So schlimm ist das nicht -geh da nicht hin und provozier die nicht." Solches und ähnliches bekam ich von allen Seiten zu hören und zu spüren."
Ja, das hab ich verstanden und finde es auch gruselig!
"Genau das führte dazu, dass ich meine Empfindungen die Angst in Frage stellte. Wie kann es sein, dass etwas was mir Todesangst bereitet für alle anderen nicht der Rede wert ist. Und da ich mit meiner Todesangst ALLEINE war - konnte diese Todesangst ja nur falsch sein."
GENAU das hab ich doch auch erlebt! Ich weiß GENAU, was Du meinst und wie Du zu dieser Schlußfolgerung gekommen bist. Und Hand aufs Herz, hätte es Dir in DIESER Phase und in diesem Moment geholfen, wenn Deine Eltern gesagt hätten: "NAJA, wenn es für DICH schlimm ist, dann ist das eben so." (Wir finden es eigentlich nicht, aber wenn DU es so siehst....). Du wärest damit genauso zum Exoten abgestempelt worden.
ANDERES BEISPIEL: Wenn man zu einer Frau , die vergewaltigt wurde sagen würde. "wenn es für DICH schlimm war, dann war es für DICH so, das ist die Hauptsache, daß DU es so empfindest", würde sie sich ziemlich komisch vorkommen.
"Also tat ich so als wäre nix und in meinem Inneren kämpfte ich mit den Todesängsten. Um aber eben diese Ängste im Zaum zu halten (damit sie nicht wieder an die Oberfläche kamen und für jeden sichtbar wurden) legte ich einige "komische" Verhaltensweisen an den Tag."
Ich fing an, mir dem Kopf gegen die Wand zu schlagen aus lauter Verzweiflung. Ich hab mich als Kind schon immer selbst in die Hand gebissen, daher wußte ich eh, daßü ich komisch bin, aber das Selbstverletzen war der einzige Hilfeschrei, um endlich auf meine Verzweiflung hinzuweisen, und um den Druck loszuwerden und abzulassen.
"Aber auch die verbarg ich JAHRELANG erfolgreich vor der Außenwelt - bis sie immer auffälliger wurden und mein Umfeld sich wunderte: Ja SAG doch mal, was ist denn mit DIR los?" Natürlich sagte ich es nicht, da dass was mit mir los war - ja eh FALSCH war. "
Ich hab den "Fehler" gemacht, es immer wieder zu probieren zu sagen und wurde dann auch noch beschuldigt, daß sich wegen mir jetzt die anderen Sorgen machen.
"Das hat dann noch einige Zeit gedauert bis ich Vertrauen zu jemanden fasste und mal Andeutungen bzgl. meiner Ängste machte und was passierte`? GENAU ich bekam wieder zu hören: "Na sooo schlimm kann das ja alles gar nicht sein"."
MIST!
"Ich wollte mit all dem aber nicht mehr leben: Den Ängsten, den komischen Verhaltensweisen, dieses Gefühl falsch zu sein. Also machte ich mich - wie du heute - händeringend auf die Suche nach der einen Person, die zu mir sagt: "JA - das was du erlebt hast ist schlimm. Ich sehe und verstehe dein Leiden.""
GENAU, und die hat auch erst mal objektiv bestätigt, daß das, was Du erlebthast, schlimm war und nicht nur "DEINE individuelle Empfindung, und Dich somit nicht gleich wieder nur auf Dich selbst zurückgeworfen, wo Du doch gar nicht mehr wußtest, ob Du spinnst oder normal bist, das wäre fatal gewesen!
"Auch das hat wieder länger gedauert, aber schließlich fand ich die Person in meiner Therapeutin! Das macht für mich übrigens einen guten Therapeuten aus, dass man sich da verstanden fühlt. Also wenn du den Anspruch an deinen Therapeuten hast, dass er (oder sie) dich versteht, dann ist das RICHTIG so und keinesfalls überzogen."
Na also, GENAU das will ich ja.
Und wenn die mir sagt, wenn es für Dich so ist, dann ist das so, dann gibt sie einfach nur meine Empfindung wieder und sagt mir aber nicht, ob die OK, richtig, angemessen und der Situation entsprechend ist, sondern sie läßt Dir einfach nur Deine (vielleicht komische, vielleicht normale) Empfindung, betont aber dabei, daß "NUR" DU das so empfindest, und das wäre wieder so, daß DU dann ein Exot bist. DAS ist keine Entlastung, daß Du beruhigt sein kannst, daß Dein Gefühl zur Situation paßt und VERSTÄNDLICH ist. Das heißt das, daß andere das nicht so empfinden, und Du eben einfach seltsam wärest, und das stimmt ja nicht, daher braucht man das, daß andere einem mal sagen, daß sie das nachvollziehen können. Sonst wirkt das so, als sei es nur von einem selbst abhängig, daß man was schlimm findet und nichts per se mit der schlimmen Situation zu tun hat. Das würde dann heißen, man findet es nur schlimm, weil man komisch ist.
"Und es gehörte zu MEINER GESUNDUNG wieder lernen zu dürfen, dass das was ich EMPFAND RICHTIG war."
Also, DU brauchtest erst diesen einen Schritt, daß Dir jemand SAGT, daß das richtig ist. Warum soll ich den dann überspringen? Genau das hat mir in der letzten Mail gefehlt, jezt weiß ich, wie DU zu dem Selbstbewußtsein gekommen bist, sagen zu können:
"Und dass es ausreicht, dass ich sage: FÜR MICH XANDRIA SIND DIESE DINGE SCHLIMM - "
ALSO SIND SIE AUCH SCHLIMM! Und nichts und niemand hat überhaupt das Recht DIESE MEINE Empfindungen wieder in Frage zu stellen."
Da kommt man aber nicht hin, indem einem gleich gesagt wird, man BRÄUCHTE keine Bestätigung von außen und es reiche, wenn man selbst das so empfindet, aber genauso kam das in Deiner Mail aber vorher rüber, das hab ich NICHT mißverstanden.
"Für mich verlor die vorher so lebensnotwendige Bestätigung von außen immer mehr an Bedeutung."
Dazu braucht man aber erst ein Fundament, daß einem das mal jemand sagt und eben, wie Du das NUN in dieser Mail beschrieben hast, jemand bestätigt: "DAS verstehe ich, DAS ist eine verständliche Empfindung." Wenn man das oft genug hört, kann man sich irgendwann auf sein eigenes Gefühl verlassen, wobei man dann sicher auch mal von außen eine Rückmeldung braucht, ob man sich zu Recht oder zu Unrecht über etwas ärgert. Wenn man das so wenig hatte wie ich, dann wird man krank, wenn man das Gefühl vermittelt kriegt: "DAS, was Du empfindest, ist "NUR für DICH so"."
LEBENSNOTWENDIG ist das richtige Stichwort, drum macht es mich ja so verzweifelt, nur auf mich selbst zurückgeworfen zu werden.
"Gut auch heute lässt es mich nicht ganz kalt, wenn Leute, die Dinge die ich als belastend empfinde, als unbedeutend abtun. Aber es wirft mich nicht mehr aus der Bahn."
Wenigstens mal jemand, der das zugibt. Die meisten tun mir gegenüber immer nur so, als ob sie über allem drüber stehen. Somit wurde zunächst immer mein Empfinden SELBST nicht verstanden und mein Wunsch, daß es jemand verstehen möge, auch nicht, so setzte sich das ewig fort!
"So viel dazu - ich hoffe du verstehst mich jetzt etwas besser"
Ja, wenn man erst mal dahinkommt, daß man sagen kann: NICHTS und NIEMAND hat das RECHT, einem seine Gefühle abzusprechen, dann verstehe ich, was Du meinst. Ich hoffe aber nun auch, daß Du verstehst, was mich so verzweifeln läßt an diesem "für Dich" und diesem Individualisieren, als sei das nur für mich was Schlimmes, und ich müßte alleine so empfinden, da es sonst eh keiner tut.
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"ABer auch ich verstehe dich und ich sage dir:
DAS WAS DIR WIDERFAHREN IST - IST SCHLIMM UND TRAUMATISIEREND!
Ich wünsche mir für dich, dass du dich angenommen und verstanden fühlst und dass du die Kraft und die Person findest, bei der du all das abladen kannst, damit du wieder gesunden kannst."
Das hoffe ich auch!
Ja, dann kann man irgendwann sagen, niemand kann einem bestimmen, was für einen schlimm ist oder nicht. Nur dafür braucht man ein Fundament, damit man nicht denkt, man sei einfach nur komisch.
Vielen Dank!
Viele liebe Grüße!
Ich bin Tierschützerin, mir tun die Kröten doch auch Leid, die ich schlucken muß!
Verfasst am: 06. 07. 12 [00:31]
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