Downsyndrom & alleine beschäftigen?

Optionen
Hallo,
mein inzwischen erwachsener Bruder hat das Downsyndrom.

Er hat in seiner Kindheit und Jugend, bis hin ins Erwachsenenalter sehr wenig Kontakt mit Gleichaltrigen Behinderten wie Nicht-Behinderten gehabt (Schule etc. war zu weit weg, später kamen teils extrem negative Erfahrungen - Missbrauch durch einen nicht-behinderten Jungen, Geärgertwerden, Diebstahl in der Schule usw. dazu).
Er war also seine ganze Jugend vorwiegend bei meinen Eltern & Verwandten und wurde lange "bespaßt".

Er muss sich ein paar Stunden am Tag zurück ziehen, sieht dann exzessiv fern und spielt das Erlebte und Gehörte mit Männchen etc. nach.

Aber außer dieser Beschäftigung kann er sich nicht alleine beschäftigen.
Besonders ich habe da schon viel probiert.
Er wollte auch nie "Sachen" als Geschenke haben, sondern immer Unternehmungen oder Sachen, die zu Unternehmungen führen.

Er ist extrem gesellig (am meisten bei nicht behinderten Erwachsenen) und sehr motiviert und extrovertiert.
Meine Mutter hat ihm über die Jahre viel beigebracht (etwas Lesen, Rechnen, Uhrzeit lernen etc.), und teils hat er das alleine geübt, aber immer nur in Phasen. Dabei konnte er sich ca. 20 bis 40 Minuten am Stück konzentrieren.
Er hatte mehrere Hobbys, unter anderem Sport, Musikunterricht, Malen, aber alles wurde immer nur im Kurs, für oder am besten mit anderen gemacht, nie, oder nur kurz, alleine.

Über die Jahre habe besoners ich ihm diverse Sachen geschenkt, mit denen er sich bitte mal gewinnbringend (für ihn) alleine beschäftigen sollte (was den/uns anderen und auch ihm zugute kommen sollte) und das hat nie geklappt (Beispiel: Nach dem Trommelunterricht, von der er sehr begeistert war, bekam er Bongos, die dann im Schrank blieben).

Nun meine Frage:

Liegt das an der Behinderung, an seiner Erziehung, an seinem Charakter?
Kann man irgendwie daran arbeiten, dass er Freude an Sachen findet, die er ohne andere macht?

Normalerweise hat ein Mensch doch Hobbys, die ihm so viel Freude machen, dass er sie auch ganz für sich alleine betreibt und daraus Freude zieht.
Das hat mein Bruder noch nie geschafft.
Wenn er mal etwas alleine machte, war das ein Geschenk für jemanden.

Er hat z.B.eine Gitarre, die er regelmäßig zu Geburtstagen von anderen hervorholt (ohne Unterricht - aber er "spielt" sie dann begeistert und sing dazu) - aber nur dann, alleine nimmt er sie nie zur Hand.
Das gleiche gilt fürs Malen, Basteln, Schreiben, Rechnen, bestimmte Sportarten, Trommeln, Hörbuchhören, Musikhören.

Wie könnte man ihm beibringen, solche Sachen - erst mal eine - alleine aus eigenem Antrieb zu machen, und dabei Spaß zu haben?

Oder ist das unmöglich?

Ich denke dabei einerseits an meine Eltern, die zur Zeit eine Verpflichtung sehen, ihn zu beschäftigen, und andererseits an die ferne Zukunft, wenn er mal im Wohnheim etc. leben wird.
Dort wäre es sicher interessanter für ihn, wenn er auch etwas nur für sich machen könnte, und nicht nur auf TV und andere angewiesen wäre.

Um der Frage vorweg zu greifen:
Die Kollegen aus der Werkstatt sind einerseits so weit entfernt, dass man nur gelegentlich Kontakt herstellen könnte, andererseits hat er ein paar schlechte Erfahrungen gemacht (sein bester Freund hat munter bei meinen Eltern gestohlen und teils so etwas wie Drohungen ausgestoßen).
Außerdem fühlt er sich von den Kollegen etwas bis sehr (schnell) überfordert, weil die sich in eine ganz andere Richtung als er entwickelt haben (Interessen, Tagesablauf, Gesprächsthemen) und ihm nach kurzer Zeit, in der er euphorisch war, zu viel werden.

Liebe Grüße von
Frederica 🥺

Antworten

  • Hallo Frederica,

    herzlich willkommen im Forum von MyHandicap.
    Es ist schön, dass du dich so um deinen Bruder kümmerst und ihm helfen möchtest, dass er Spaß an Dingen findet, die er selbst machen kann. Zunächst ist es natürlich eine gute Nachricht, dass dein Bruder gerne in Gesellschaft ist. Der Umgang mit anderen kann auch dazu beitragen, dass er sich wohl fühlt.

    Natürlich ist es auch verständlich, dass er sich selbst beschäftigen soll. Ich kann dir empfehlen, den Prozess zu begleiten und die Sache langsam anzugehen. Wenn dein Bruder die selbstständige Beschäftigung nicht gewöhnt ist, solltest du ihn langsam und spielerisch heranführen.

    Du könntest beispielsweise einen kleinen Wettbewerb daraus machen. Wenn ihr gemeinsam Trommelt (ein Beispiel, weil du darüber geschrieben hast), dann könntet ihr ja ein "Ziel" ausmachen, dass ihr beide erreichen wollt. Um dieses Ziel zu erreichen, wird er sicher auch selbst ein wenig üben. Dabei solltest du aber versuchen herauszufinden, was deinem Bruder Spaß macht. Denn nur wenn er Freude am Spielen hat, wird er auch selbstständig damit umgehen.

    Meine Erfahrung ist aber auch, dass Kinder mit Down Syndrom sehr herzlich sind und gerne etwas mit anderen unternehmen (Kontakt und Nähe ist vielen wichtig). Das hält auch bis ins Erwachsenenalter an. Deshalb ist es ratsam, Dinge gemeinsam auszuprobieren und dann die Selbstständigkeit deines Bruders zu steigern.

    Viel Erfolg und alles Gute!
    Philipp, MyHandicap

Diese Diskussion wurde geschlossen.