Auf der Suche nach vielem

Moin,

ich bin aktuell in einer nach meinem Empfinden ziemlich bescheidenen Situation, vielleicht hat ja hier noch jemand eine Idee, auf die ich noch nicht kam.

Kurz zu mir: Ich bin Autistin, habe ein abgeschlossenes Diplomstudium und eine crossmediale Journalistik-Ausbildung absolviert. Bereits während meines vorletzten Semesters bot mir eine Zeitung in Ostfriesland eine unbefristete Festanstellung an. Man wollte vor allem auf mein crossmediales Wissen zugreifen, um für die reine Print-Tageszeitung ein Online- und ein Social-Media-Ressort aufzubauen. Das ist es ja, was ich im Grunde gelernt habe.

Seit einem halben Jahr bin ich nun in diesem Unternehmen und merke immer mehr, dass ich nicht zurecht komme. Zum einen habe ich große Schwierigkeiten, mit den zahlreichen Veränderungen umzugehen. Ich bin sowieso jemand, der Beständigkeit braucht, habe aber nun im Sommer mein Studium beendet, ein Arbeitsverhältnis begonnen, den Wohnort gewechselt und bis auf meinen vierbeinigen Freund namens Kater ist nichts geblieben.
Zu allem Überfluss stellte sich heraus, dass die "Ideen" des Unternehmens zum Crossmedialen reine Luftschlösser waren. Der Verlagsleiter denkt nicht mal im Traum daran, irgendetwas online einzurichten, weil es kein Geld bringe. Geld bringen nur Anzeigenkunden, die für redaktionell erstellte PR-Texte bezahlen. Das heißt, ich schreibe "Artikel" nach den Wünschen von Unternehmen und muss sie nachher in der Zeitung wie "normale" Berichte aussehen lassen, obwohl es sich um Werbung handelt. Nicht nur, dass das weder etwas mit meinem Studium noch mit meiner Ausbildung zu tun hat, es ist zudem auch noch medienethisch nicht vertretbar und auch sicher nicht Usus in den "normalen" Tageszeitungen. Dazu kommt, dass das Arbeitsumfeld total hektisch ist. Zwar habe ich offiziell ein Einzelbüro, es ist mir aber nicht erlaubt, für längere Zeit die Tür zu schließen. Die soziale Komponente stellt diesmal ausnahmsweise kein Problem dar, das liegt aber vor allem daran, dass die anderen Redakteure ein absolutes Desinteresse an ihren Kollegen haben. Ich muss sicher niemandem auf meinem Schoß sitzen haben, aber das bedeutet auch, dass keine Absprachen getroffen werden. Im schlimmsten Fall sitzen fünf Leute an ein und derselben Aufgabe, ohne es zu merken.

Auch in meiner Wohnung fühle ich mich absolut unwohl, obwohl sie sehr schön ist. Im Moment rutsche ich von einer Überforderungs-Situation in die nächste, habe aber auch keine Möglichkeit, in diesem fremden Umfeld irgendwie Sicherheit zu gewinnen.

Ich bin in Therapie, hatte diese eigentlich begonnen, um Krisen vorzubeugen und nicht damit gerechnet, dass ich aktuell in die schlimmste Zeit reinrutsche.
Ich kann dort nicht weiterarbeiten, möchte auch nicht weiter hier wohnen, weiß aber nicht, wie ich es schaffen soll, hier weg - und vor allem, wohin? - zu kommen. Aktuell ist es sogar so schlimm, dass ich ernsthaft darüber nachdenke, ob die Berufswahl im Medienbereich nicht grundsätzlich eine Fehlentscheidung war. Und das, obwohl ich 16 Jahre selbstständig gearbeitet habe.

Ich würde mich gerne wieder selbstständig machen, sitze hier aber viel zu weit ab vom Schuß, um das realistisch zu bewerkstelligen. Wäre ich nicht umgezogen, wäre das gegangen, da hatte ich ein Netzwerk in der Stadt, von denen ich Aufträge bekommen habe. Aber hier bin ich komplett und in jeder Hinsicht in der Fremde.

Ich bin ziemlich ratlos und habe im Moment nur zwei Möglichkeiten: Entweder arbeiten in einer Umgebung, die mich de facto krank macht oder Hartz IV.

Vielleicht sehe ich das aber auch gerade zu schwarz-weiß und bekomme nicht mehr mit, wo noch Wege verlaufen. Vielleicht habt ihr ja eine kreative Idee...

LG

Autzeit

Antworten

  • Hallo Autzeit,

    kannst du nicht zurück ziehen in die Stadt wo du dich wohlgefühlt hast.
    Vielleicht kannst du dich ja auch wieder selbstständig machen.
    Ist vielleicht besser als so unglücklich zu sein.

    Lieben Gruß
    Tina
  • Hallo Autzeit,

    zunächst einmal herzlich willkommen in der Community! Schön, dass Du MyHandicap gefunden hast 😀
    Eine Übersicht, wie das bei uns funktioniert, bietet dieses kurze Video (selbstverständlich auch mit Untertiteln): http://www.myhandicap.de/guided-tour.html

    Ein, zugegeben simpler, Vorschlag: Wieso ziehst Du nicht zurück?
  • Hallo und danke,

    Rückzug habe ich auch schon überlegt. Aber a) Wohnungsmangel dort in der Stadt und b) weiß ich überhaupt, wie ich einen Umzug finanzieren soll...

    Liebe Grüße

    Autzeit
  • Hallo Autzeit,

    es gibt zwei mögliche Wege:
    1.) Die jetzigen Bedingungen verändern: Hierfür ist offene und ehrliche Kommunikation mit Kollegen und Vorgesetzten ein gutes Werkzeug.

    2.) Die jetzige Situation beenden und tatsächlich zurückkehren. Das muss ja nicht in einer Nacht und Nebel Aktion geschehen. Wenn Du weißt, dass es zurück geht, gibt Dir das vielleicht auch mehr Energie solange durchzuhalten.
    Vielleicht kannst Du den Wohnungsmangel umgehen, wenn Du nicht direkt zurück, sondern in die Nähe ziehst. Sicher wird sich für die Finanzierung des Umzugs eine Möglichkeit finden (z.B. Kurzzeitkredite).

    Meine Antwort war hoffentlich ein klein wenig hilfreich für Dich.
  • Hallo,

    hm, klingt nicht so gut.

    Zu der Umzugsfrage würde ich sagen: Wohnungsnot gibt es in den meisten Städten. Ist natürlich nicht einfach, von Ferne zu suchen, aber mit ein bisschen Geduld klappt es dann doch meistens. Vielleicht findest Du ja auch erst etwas zur Zwischenmiete? Auf jeden Fall ggf. Netzwerke aktivieren und allen Leuten Bescheid sagen, dass Du suchst.

    Das mit den Kosten für den Umzug verstehe ich nicht so recht. Ein Umzug kostet zwar, aber dann doch auch nicht x-Tausende von Euros. Hast Du vielleicht einige Leute, die Dir helfen könnten? - Umzugswagen selbst beladen und fahren ist ja allemal billiger. Und Du hast ja wohl auch Arbeit; kannst Du da nicht die nächsten 2-3 Monate, solange Du ggf. eine Wohung suchst, jeweils ein bisschen zurücklegen?

    Eine Alternative zum Entweder/Oder wäre vielleicht noch, zu versuchen, neben Deinem jetzigen Job anzufangen, schon wieder etwas Freiberufliches zu machen (eventuell dazu bei Deinem jetzigen Arbeitgeber auf Teilzeit gehen, wenn möglich). Ist es denn zwingend für alles, was Du in Deiner alten Stadt machen könntest, dass Du vor Ort bist? Oder gibt es vielleicht auch Dinge, die sich über Internet erledigen lassen?

    Oder Du hältst wenigstens solange durch, bis Du einen ALGI Anspruch hast (wenn der hoch genug ist) und ziehst dann zurück.

    Ob nun den Beruf an sich für Dich falsch ist, finde ich schwer zu beurteilen - aber wernn Du schon so lange darin arbeitest, spricht doch eigentlich vieles dafür, dass Deien Wahl richtig war. Ich vermute allerdings, dass in den meisten Zeitungsredaktionen die Umgebung eher hektisch und dynamisch ist - das aber nur der Eindruck von außen, soweit ich es von Leuten aus meinem Umfeld mitbekomme.

    Das sind aber nur so Gedanken aus der Ferne. Hast Du denn Leute, mit denen Du auch mal direkt drüber sprechen kannst, die Dich kennen? Die können Dich ja eventuell besser beraten.

    Alles Gute, ananim



  • Hallo autzeit,
    schau mal auf AutiCare.de, dort könntest Du Hilfe finden.
    Ich wünsche Dir viel Erfolg auf Deinem Weg.
    Viele Grüße
    Daniya
  • Hallo,

    ananim hat geschrieben:

    Das mit den Kosten für den Umzug verstehe ich nicht so recht. Ein Umzug kostet zwar, aber dann doch auch nicht x-Tausende von Euros.



    Das stimmt wohl. Aber selbst das bisschen, das ich bräuchte, habe ich aktuell nicht. Vor allem nicht, nachdem ich nun auch erfahren habe, was ich in diesem Haus an Heizkosten zahlen muss, da die Dämmung mangelhaft ist.
    Damit bin ich allein bei den Mietkosten bei über 700 Euro (laut Makler wären es mit Gas und Strom max. 450). Netto bekomme ich aber nur 900 raus. Wagen mieten ist da nicht drin. Mietkaution auch nicht. Kleinkredit hatte ich angefragt, bekomme ich aber wegen meines geringen Gehalts nicht. Und einen Dispo hatte ich vorher nicht und bekomme ihn jetzt nicht mehr, weil ich keine Sicherheiten anbieten könne. Es sei denn, ich hab den Typ bei der Bank falsch verstanden...

    Nebenjobs verbietet mein Chef nicht direkt, aber er gibt keine Erlaubnis dazu. Effektiv arbeite ich ja auch 60 Stunden/Woche, was weit über dem ist, was im Vertrag vereinbart ist. Da wird das dann auch in der Praxis schwierig. Zudem hat mein Chef auch den SBA nicht gemeldet, "Sie können ja super arbeiten".

    Ich habe - wie auch vorher schon - eine Betreuung beantragt, weil mir das gerade alles insgesamt so dermaßen über den Kopf wächst, dass fast gar nichts mehr geht. Ich habe hier keine Sozialkontakte, ich bin ja nur zum Arbeiten in der Redaktion und im Grunde interessiert auch keinen, was der andere da jeweils macht, so lange einfach "irgendeine" Ausgabe am nächsten Morgen fertig ist.

    Irgendwie alles sch*** gerade...

  • Hallo autzeit,

    schön wieder von Dir zu lesen.

    Ich kann verstehen, dass dich diese Situation belastet. Es ist daher gut, dass Du Unterstützung beantragt hast. Wenn Du weit über Deinem Stunden-Soll arbeitest, solltest Du das ansprechen oder ggf. anders handhaben.

    Halte durch! Es geht immer irgendwie weiter - auch wenn man erstmal keine Möglichkeit sieht, wie das gehen soll. Es wird sich etwas finden 😉
  • Hallo,

    an der Stundenzahl kann ich nicht schrauben. Ich habe einen ziemlich bescheidenen Chef erwischt, der abmahnt, wenn "nur" Dienst nach Vorschrift gemacht wird. Ich bin da auch nicht die einzige, die da ein Problem hat. Nur: So lange ich nichts anderes habe, muss ich in dem Laden wohl mitspielen. Am liebsten würde ich ja kündigen, aber dann rutsche ich eben direkt in Hartz IV.

    Mein Vater hat sich jetzt um eine andere Wohnung in der Nachbarschaft gekümmert, da kam heute morgen noch eine Zusage. Er will mir die Kaution und die doppelte Miete (hab ja Kündigungsfrist) für zwei Monate leihen, den Umzug muss ich aber alleine schaffen. Mehr ist seitens meiner Eltern nicht drin, wobei das schon viel ist und ich hoffe, dass mein Vater sich nicht selbst verschuldet hat mit der Aktion. Somit wäre ich über die richtigen kalten Monate aus dieser Wohnung draußen und hätte weniger Fixkosten. Immerhin.

    Die Betreuung läuft dann hoffentlich Ende Januar an, die vom Gesundheitsamt meinte, dass sie das Verfahren beschleunigen wolle.

    Autzeit
  • Hallo Autzeit,

    das ist doch schon eine positive Entwicklung 😀

    Übrigens: Wenn man nicht selbst kündigt, sondern gekündigt wird, erhält man ALG I. Und wenn Du die vertraglich vereinbarte Arbeit erbringst, bist Du rechtlich in jedem Fall auf der sicheren Seite 😉

    Ich bin allerdings sicher, so weit wird es nicht kommen und alles wird sich finden 😀
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