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Mit Behinderung auf Partnersuche

Bei der Partnersuche spielen viele Faktoren eine Rolle. Unter anderem auch an welchen Orten und in welchen Gruppen sich Menschen aufhalten. In der Regel wird bevorzugt, was dem Selbst und den eigenen Vorstellungen am nächsten kommt. Bedeutet das bei Menschen mit Behinderung automatisch, dass sie ein Gegenüber mit Behinderungen vorziehen?

Frau im Rollstuhl sitzt in Café und schaut auf ihr Smartphone. | © Pexels /Shvets Production

Viele Menschen suchen die Liebe via Dating-Apps. (Pexels /Shvets Production)

Peter würde mit einem glatten Nein antworten. Er ist blind, Anfang 20 und derzeit solo. Auch wenn „vor rund acht Jahren ein oder zwei Blinde“ unter seinen Ex-Freundinnen waren, zieht er grundsätzlich Sehende vor. Das liegt insbesondere an seiner Einstellung gegenüber seiner eigenen Behinderung: Er sehe sich „in gewisser Weise verpflichtet, sein Möglichstes zu tun, um sich der Normalität anzunähern“, da die Behinderung ihn vom Großteil der Menschen unterscheide. 

Deshalb hat er nur ein paar Menschen mit Sehbeeinträchtigung in seinem Freundeskreis, die allerdings Peters Überzeugungen in etwa teilen. Er schließt Beziehungen mit Frauen mit einer Behinderung dennoch nicht von vornherein aus. „Bei Partnerschaften kommt es ja darauf an, wer sich in wen verliebt“. Peters Einstellung lässt Fragen aufkommen: Ziehen manche Menschen mit Behinderung Partner ohne Beeinträchtigung vor, weil sie vielleicht ein Problem mit ihrer Behinderung haben? Oder fußt ihre Entscheidung auf alltagspraktischen Gründen? Lebt es sich in einer Beziehung mit einem Menschen ohne Behinderung einfacher?

Sind Partner*innen ohne Beeinträchtigung praktischer?

Barbara weist diese Frage entschieden zurück. Sie und ihr Mann – beide querschnittgelähmt – sind seit 24 Jahren verheiratet. Wobei sie ihre Behinderung schon vorher hatte und ihr Mann erst seit einem Unfall vor elf Jahren im Rollstuhl sitzt. Ein Partner ohne Behinderung könnte, so Barbara, „die Partnerschaft dadurch belasten, da er sich nicht ganz in die Lage seines behinderten Partners hineinversetzen kann.“ Deshalb sei es nicht automatisch einfacher oder vorteilhafter, sich als Mensch mit Behinderung einen Partner ohne Beeinträchtigung auszusuchen.

Auch Peter glaubt, dass Beziehungen zwischen Menschen, in denen beide eine Behinderung haben, es „ein paar Fragezeichen weniger“ gebe – da sich beide mit den typischen Problemen auskennen. Aber Menschen mit Behinderung „können auch sehr unterschiedlich sein. Wenn ein Führhundhalter mit einer totalen Führhundgegnerin zusammenkommt, sehe ich da keine sehr harmonische Zeit kommen“, sagt er mit einem Augenzwinkern.

Neue Herausforderungen gemeinsam meistern

Birgit Schopmans von der fab-Beratungsstelle für Menschen mit Behinderung oder chronischer Erkrankung berichtet, dass sich mehr Menschen in „ungleichen“ Beziehungen beraten lassen als Paare, in denen beide eine Beeinträchtigung haben. Die Diplom-Sozialpädagogin weist aber darauf hin, dass es nicht automatisch zu mehr Beziehungsproblemen führe, wenn die eine Person eine Behinderung hat und die andere nicht. „Nicht selten kommen Menschen zu uns, deren Partner im Laufe der Beziehung durch einen Unfall oder eine Krankheit behindert wurden. Diese Menschen haben dann Schwierigkeiten, mit den neuen Herausforderungen umzugehen und die Behinderung zu akzeptieren.“

Paaren, bei denen ein Lebensgefährte eine Behinderung hat, rät Schopmans dasselbe, was jede andere Partnerberatung empfehlen würde: „Offen über die Probleme sprechen. Und Kritik formulieren, aber auch Kritik akzeptieren.“ Am Ende hat sie noch einen spezifischen Rat parat: „Die eigene Behinderung sowie die des Partners sollte akzeptiert werden und ein gesundes Selbstbewusstsein trägt ebenfalls zu einer guten Partnerschaft bei.“

Abhängigkeit gegenüber Lebensgefährten unbedingt vermeiden

Für besonders wichtig hält Schopmans, dass eine Beziehung sich nicht in eine dauerhafte Abhängigkeit durch Hilfeleistungen ausarten darf, die vom Partner beziehungsweise der Partnerin ohne oder mit geringfügiger Behinderung geleistet wird. Unter Hilfeleistungen versteht sie beispielsweise das Führen von Personen mit Sehbeeinträchtigung, das Dolmetschen für Hörbeeinträchtigte sowie Transport- oder Pflegedienste. „Solche Hilfeleistungen sollten am besten soweit wie möglich von externen Personen übernommen werden“, so Schopmans weiter. 

Barbara hat die Problematik einer solchen Abhängigkeit selbst erlebt. Damals, als ihr Mann seine Behinderung noch nicht hatte, hatten sie es zeitweise damit versucht, dass er den Assistentenjob übernahm. Aber es „gab dann Probleme beruflich und privat“, weswegen sie das kurz später wieder verwarfen.

Ein Unfall, der den Horizont erweiterte

So war es jedenfalls für Martin. Mitte zwanzig, gutaussehend und im Rollstuhl sitzend. An seiner Seite hat er eine Frau ohne Behinderung. Sie lernten sich bereits vor dem Unfall kennen – sind seit acht Jahren zusammen und vier davon verheiratet. Sie haben eine gemeinsame Tochter im Alter von drei Jahren. Allerdings, erzählt Martin, kommen bei ihnen erst in letzter Zeit die üblichen Probleme hoch, da sie seit seinem Unfall kaum Zeit miteinander hatten. Martin glaubt jedoch, dass die Behinderung nur in der Anfangsphase einer jeden Beziehung im Vordergrund steht: „Ansonsten entsteht ja der gleiche Alltag und somit dieselben Probleme.“

Auf derselben Wellenlänge

Ein Mensch mit Behinderung findet bei einem/einer Lebensgefährt*in, der/die ebenfalls eine Beeinträchtigung hat jedoch „Gleichheit und Verständnis“. Darin sind sich alle Befragten einig. Peter hält es aber durchaus für möglich, dass Menschen mit Behinderung ihresgleichen suchen, weil sie „Angst vor Ablehnung oder vor zu hohen Erwartungen des Partners“ haben. Barbara glaubt, manche hätten vergleichsweise wenig Kontakte zu Personen ohne Behinderung, weswegen sich ihre Auswahl größtenteils auf Menschen mit Behinderung reduziere. Auch Peter findet, man habe „schlicht weitaus größere Chancen“, wenn man auch mit Personen ohne Beeinträchtigung in Kontakt sei.

Barbara weiß von Menschen mit Behinderung zu berichten, die „der Meinung sind, sie finden aufgrund ihrer Behinderung keinen Partner und verbissen einen suchen“. Ihnen lässt sie folgenden Rat mitnehmen: „Locker bleiben, offen sein und ja selbstbewusst sein. Man soll auch in einer Beziehung sein eigenes Ding machen.“ Das gelte aber für jeden Menschen, ob mit oder ohne Behinderung.


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